Mehr als zwei Jahre hat die ESA-Sonde Rosetta den Kometen Tschuri umkreist. Zum krönenden Schluss der Mission setzte die Sonde auf dem Kometen auf – und wurde dabei wie geplant zerstört.
Der Livestream der ESA
Ein bisschen Wehmut sei schon dabei, erklärt die Berner Astrophysikerin Kathrin Altwegg, die an der Rosetta-Mission mitwirkte. Allerdings bewegt sich der Komet auf seiner Umlaufbahn von der Sonne weg. Rosetta könnte deshalb die nächsten vier Jahre wegen Energiemangels ohnehin nichts mehr messen.
Erkenntnisse über unser Sonnensystem
Mit an Bord war das Berner Massenspektrometer Rosina. Das Gerät, das die chemische Zusammensetzung von Tschuris Ausdünstungen analysiert, hat Resultate geliefert, die die bisherige Vorstellung über die Entstehung des Sonnensystems umgekrempelt haben.
«Der Komet ist sehr porös, zu 75 Prozent besteht Tschuri aus Nichts. Das Ganze wird nur durch schwache Kräfte zusammengehalten», erklärt Altwegg. «Es können also bei Tschuris Entstehung keine grossen Kollisionen im Spiel gewesen sein.»
Diese Erkenntnis widerspricht einer verbreiteten Theorie über die Entstehung unseres Sonnensystems, das von einem Kollaps der Staubwolke um die Sonne ausgeht. «Unsere Beobachtungen an Tschuri deuten aber darauf hin, dass das alles viel sanfter passiert sein muss», sagt Altwegg.
Wasser und ein heftiger Gestank
Rosinas Messungen zeigen auch, dass das Wasser der Erde zum Grossteil nicht von Kometen wie Tschuri stammen kann. Ausserdem fanden die Forscher heraus, dass es auf dem Kometen stinkt – nach faulen Eiern und Pferdestall.
Die Daten, die Rosetta in den letzten Wochen und Tagen ihrer Existenz sammelt, dürften die beteiligten Wissenschaftler noch Jahre bis Jahrzehnte beschäftigen. Das Beste kommt dabei wahrscheinlich zum Schluss: Die derzeitigen Flugmanöver bringen Rosetta ihrem Kometen näher denn je und erlauben der Sonde, einmalige Daten zu sammeln.
Das Sonnensystem erschliessen
Hat also die Rosetta-Mission die Wissenschaft schon jetzt neu geschrieben?
Absolut, sagt der Astrophysiker Kevin Schawinski von der ETH Zürich. «Die Mission hat faszinierende Resultate geliefert. Wir verstehen nun unser Sonnensystem besser. Kometen sind die ältesten Bausteine, die noch heute da sind. Weil man diese nun studieren konnte, weiss man, dass schon bei der Entstehung unseres Sonnensystems organische Moleküle vorhanden waren. Das sind die Bausteine unseres Lebens.»
Zudem sei es eine raumfahrttechnische Meisterleistung gewesen, den Kometen Tschuri, ein vergleichsweise winziges Objekt zu verfolgen und darauf zu landen.
Es gibt Pläne, Kometen als eine Art Tankstationen im Weltall zu benutzen.
Nasa will Asteroiden fangen
Laut Schawinski war Rosetta war ein wichtiger Schritt für die Erschliessung unseres Sonnensystems. «Es gibt Pläne, Kometen als eine Art Tankstationen im Weltall zu benutzen. Die Nasa plant eine erste bemannte Mission in 2020 in Richtung eines Asteroiden. Sie wollen einen Asteroiden fangen und dann in die Mondumlaufbahn bringen, so dass sie dort Zugang zu den Materialien des Asteroiden haben», sagt Schawinski.
Denn die Sache ist die: «Bei der Erkundung unseres Sonnensystems brauchen wir Materialien. Alles, was wir von Erde wegschiessen müssen, ist extrem teuer. Wenn man nun Wasser, Sauerstoff, Treibstoff auf einem Asteroiden quasi ernten kann, macht es alles viel einfacher. Diese Forschung der Nasa ist also unheimlich spannend.»
Aber auch private Unternehmen sind hier schon tätig. Sogenannte «Asteroid Miners» denken bereits darüber nach, wie sie Weltraumressourcen ausnützen können.