Während die Schweiz über Steuergeschenke für Bauern diskutiert, müssten diese sich noch ganz andere Sorgen machen: Der hiesigen Landwirtschaft scheint der wichtigste Mäuse-Jäger abhanden gekommen zu sein. Die Schleiereule ist wie vom Erdboden verschluckt. Der Grund ist schleierhaft.
Seit 2013 führt die Vogelwarte Sempach in der Schweiz und Liechtenstein eine Art Vogelzählung durch. Diese soll Rückschlüsse auf den Zustand der Vogelwelt erlauben. Und ihre Resultate stellen die freiwilligen Vogelzähler vor ein Rätsel. Anders als bei der letzten Zählung vor 20 Jahren fanden sie gebietsweise keine oder nur einzelne Schleiereulen.
7000 Mäuse auf dem Speiseplan einer Schleiereulenfamilie
Diese seien nicht nur als Teil der Biodiversität und des Naturerbes von grosser Bedeutung, sagt Ornithologin Sophie Jaquier von der Schweizerischen Vogelwarte. Auch für die Landwirtschaft habe die Schleiereule eine wichtige Funktion: «Ein Schleiereulenpaar frisst bei einer durchschnittlichen Brut von sechs Jungen pro Jahr etwa 7000 Mäuse.» Die Tiere seien deshalb gerngesehene «Untermieter» auf Bauernhöfen.
Der Bedarf an Mäusen könnte der Schleiereule nun zum Verhängnis geworden sein, mutmasst Jaquier: «Eine mögliche Erklärung für den Rückgang des Bestandes ist der strenge Winter 2012/13. Wenn die Schneedecke zu lange anhält und zu dick ist, hat die Schleiereule Mühe, Mäuse zu finden. Dann sterben viele Individuen.»
Nur gut versteckt? – Bauern sollen beim Suchen helfen
Vielleicht ist alles aber auch ganz anders und die Schleiereulen sind gar nicht verschwunden: «Es ist schwierig, die Schleiereule überhaupt zu registrieren», sagt die Ornithologin. Die Tiere gingen lediglich nachts auf die Jagd und versteckten sich tagsüber sehr gut, oft in landwirtschaftlichen Gebäuden.
Deshalb hoffen die Volgelschützer, dass die Schleiereulen nicht verschwunden sind, sondern bei der Zählung lediglich nicht entdeckt wurden. Das Rätsel lösen sollen nun die Bauern: Die Schweizerische Vogelwarte bittet sie, brütende Schleiereulen zu melden.