Können Sie sich an Uriella erinnern, die als Wunderheilerin mit ihrer Fiat-Lux-Sekte die Schweiz unsicher machte? Manche lachten über ihre Heilmittel: Wasser aus der Badewanne, mit göttlichem Strahl angereichert. Andere glaubten der Frau mit der weissen Kleidung und den Wimpern, die zum Himmel zeigten. Uriella wurde 1994 in Herisau zu einer Busse von 20'000 Franken verurteilt. Ein Jahr später wird sie wegen fahrlässiger Tötung angeklagt. Zwei ihrer Anhängerinnen starben nach einer nutzlosen Fernheilung.
Gotthelf schrieb sein «Anne Bäbi Jowäger» als Warnung vor dubiosen Wunderheilern im Auftrag der Berner Gesundheitsbehörde. Anne-Bäbis Enkel stirbt, weil die Grossmutter nicht zum Arzt, sondern zum Quacksalber geht.
Geschäft mit Gutgläubigen
Der Glaube an Wunder hält sich hartnäckig auch im Zeitalter des Internets, dagegen ist kein Kraut gewachsen. Doch Vorgehen kann die Swissmedic gegen Kriminelle, die das ausnutzen, und damit viel Geld verdienen. Acht Leute arbeiten in der Abteilung Strafrecht, die Fälle werden seit diesem Jahr publiziert – für mehr Transparenz und zur Abschreckung.
Dennoch sind die Ressourcen knapp, sagt Lukas Jaggi, Pressesprecher von Swissmedic. Doch wenn jemand untaugliche oder gefälschte Heilmittel gegen schwere Krankheiten wie Krebs oder HIV anbietet, dann ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass das Strafrechts-Team von Swissmedic ihm einen Hausbesuch abstattet. Das Team kann Hausdurchsuchungen und Verhaftungen durchführen. 2015 war das 14 Mal der Fall.
Tierzellen, Anabolika, Erektionsförderer
Es sind oft Angehörige, die sich bei Swissmedic melden, wenn etwa die krebskranke Tante Tausende von Franken für Präparate aus Tierzellen, oder für energetische Bänder, Ringe und dergleichen ausgibt. Letztes Jahr hob die Swissmedic zusammen mit der Aargauer Kantonspolizei zudem ein Labor aus, in dem Anabolika und Erektionsförderer hergestellt wurden.
Bleivergiftung durch Wundercreme
Es sind auch Kantonschemiker oder Kantonsärzte, die sich an Swissmedic wenden. Etwa, wenn eine Kundin ihrem Apotheker von einer «Wundercreme» vorschwärmt, die sie übers Internet in China bestellt hatte und die ihr Ekzem zum Verschwinden brachte. Die chemische Analyse zeigte: Die Hautcreme enthielt so viel Blei, dass sich die Frau in kurzer Zeit eine tödliche Bleivergiftung eingehandelt hätte.
Heilmittel dubioser Herkunft beschäftigen die Swissmedic stark. Doch weil sie meist über das Internet im Ausland bezogen werden, wären Strafverfahren zu komplex und nahezu aussichtslos. Deswegen setzt die Swissmedic hier vor allem auf Informationskampagnen und Medienarbeit.
Schärfere Zähne für den Wachhund
Eine Verurteilung wegen der «Gefährdung der Gesundheit von Menschen» ist heute an sehr strenge Bedingungen geknüpft. Oft können die Täter nicht verurteilt werden, besonders dann, wenn mündige, urteilsfähige Menschen freiwillig völlig nutzlose Heilmittel zu sich nehmen.
Uriella wurde deswegen 1995 von einem Gericht in Waldshut freigesprochen. Doch künftig muss sich ihresgleichen vorsehen: Verstösse gegen das Heilmittelgesetz sollen in der Schweiz deutlich strenger bestraft werden. Das Parlament hat im März eine entsprechende Gesetzesrevision verabschiedet, die 2019 in Kraft treten soll. Es drohen Freiheitsstrafen bis zu 10 Jahren.