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Rauchen gefährdet die Arktis Unsere Zigi-Stummel im ewigen Eis

Über die Meeresströme gelangt unser Müll in die Arktis – und gefriert.

Luftmatratze aufblasen, raus ins Meer und im sanften Wellengang entspannen – und, damit das Glück perfekt ist, noch eine rauchen. Wer jetzt schon solchen Tagträumen für die Sommerferien nachhängt, sollte sie politisch korrekt ausklingen lassen: der Aschenbecher kommt mit auf die Luftmatratze. Denn der Zigarettenstummel gehört nicht ins Meer.

Forscher des Alfred-Wegener-Instituts in Bremerhaven haben nämlich erstaunliches festgestellt: Über die Meeresströme gelangt eine hohe Konzentration von Mikroplastik und Kunststoff-Fragmenten ins arktische Eis – und zwar ein Vielfaches von dem, was bisher im Wasser gefunden wurde.

Das Ausmass der Verunreinigung war für die Forscher alarmierend: «Mit solch hohen Konzentrationen hatten wir nicht gerechnet», sagt die Meeresbiologin Ilka Peeken. Sie ist Autorin der Studie, die im Fachmagazin «Nature Communications» erschienen ist.

Ilka Peeken

Meeresbiologin

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Dr. Ilka Peeken ist Meeresbiologin am Alfred Wegener Institut in Bremerhaven. Schwerpunktmässig erforscht sie die Polarmeere.

Mit ihrem Forscherteam hat Peeken die Konzentration der winzigen Plastikteilchen im Meereis ausgewertet: «Wir waren doch sehr überrascht, dass wir Celluloseacetat gefunden haben, was auf Zigarettenfilter hinweist.»

Sind Raucher nun auch noch für die Verschmutzung des Polareises verantwortlich? Diese Behauptung wäre wohl etwas unfair. Überwiegend fanden die Forscher nämlich Polyethylen. Der Stoff wird für Verpackungsmateralien und Plastikflaschen benutzt.

Vögel sitzen auf kleiner Insel
Legende: Grössere Plastikteile, etwa Plastiksäcke, werden von Vögeln oder auch Schweinswalen gefressen, die dann qualvoll verenden. Reuters

Daneben stiessen die Meeresbiologen auf Polyester-, Lack- und Nylonrückstände. Vielen dieser Partikel liessen sich auch auf den Schiffsverkehr und den Fischfang zurückführen, sagt die deutsche Forscherin. Das Beispiel der Zigarettenkippen zeigt auch: Unser Plastikmüll legt tausende Kilometer zurück und erreicht die entlegensten Regionen der Welt.

Aus den Augen, aus dem Sinn?

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Legende: Greenpeace-Installation/Keystone

Durch UV-Strahlung und Wellengang werden die Plastikteilchen derart verkleinert, dass sie für das menschliche Auge nicht mehr erkennbar sind. Meerestiere verwechseln das Mikroplastik mit Nahrungspartikeln und nehmen es damit auf. Die Auswirkungen seien in der Wissenschaft umstritten, berichtet Peeken. Manche Untersuchungen sagen, dass die Partikel einfach wieder ausgeschieden werden. Andere Untersuchungen zeigten allerdings, dass die Partikel bei Muscheln entzündliche Reaktionen hervorriefen; bei Algen wurde etwa eine verringerte Kohlenstoffreaktion festgestellt.

Dass sich Plastikpartikel auch im Meereis anreichern, ist schon länger bekannt. Wie Peeken ausführt, gelangt das Mikroplastik wohl mit dem atlantischen Meeresstrom östlich von Grönland in die zentrale Arktis; auch über die Behringstrasse strömt pazifisches Wasser in die zentrale Nordpolregion.

Ein (unnatürlicher) Kreislauf des Lebens

Die gute Nachricht: Eingepackt im (vermeintlich) ewigen Eis seien die Plastikpartikel «raus dem System», erklärt Peeken. Sie gefährden Flora und Fauna der Ozeane weniger. Die schlechte Nachricht: «Das Eis schmilzt, sobald es sich zum atlantischen Wasser hinbewegt.»

Heisst: Das Polareis konserviert das Plastik zwar, aber auch durch die fortschreitende Klimaerwärmung wird es irgendwann wieder freigesetzt – mit verheerenden Folgen für die Umwelt.

Wir müssen unseren sorglosen Umgang mit Plastik überdenken und zu abbaubaren Materialien übergehen.
Autor: Ilke Peeken Meeresbiologin

Das Mikroplastik könnte sogar wieder auf unserem Teller landen: Über Algen könnte es, berichtet Peeken, in die Mägen von Kleintieren gelangen, die dann wiederum von Fischen gefressen werden – die das Plastik dann wieder an uns weitergeben. Die Meeresbiologin fordert denn auch: «Wir müssen unseren sorglosen Umgang mit Plastik überdenken und zu abbaubaren Materialien übergehen.»

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