Ärzte am University College in London haben einen krebskranken HIV-Patienten mit einer Knochenmarktransplantation behandelt. Der Spender des Knochenmarks war – das ist der Clou – natürlicherweise gegen HIV resistent. Diese natürliche Resistenz kommt bei etwa einem von 100 Europäern vor.
Der in London behandelte Patient hat nun nicht nur keine Symptome mehr. Er ist allem Anschein nach sogar virusfrei, und dies auch nach 18 Monaten ohne Einnahme antiviraler Medikamente. Bisher hatte das nur einmal geklappt.
Das ist mehr als zehn Jahre her. Ärzte in Berlin hatten einen Aids-Patienten, der schwer krebskrank war, ebenfalls einer Stammzellentransplantation unterzogen. Auch hier mit Zellen von einem Spender, der natürlicherweise gegen HIV resistent war. Der erfolgreiche Versuch machte damals, 2008, weltweit Schlagzeilen. Doch seitdem war dies nie wieder gelungen.
Therapieform sehr riskant und strapaziös
Der «Berliner Patient», Timothy Ray Brown, blieb bis heute der einzige. Die Ärzte in London wollen zwar noch nicht von Heilung sprechen. Und die Stammzellentransplantation ist – obwohl sie heute schon komplikationsärmer verläuft – immer noch so riskant und strapaziös, dass sie als Standardtherapie für normale HIV-Patienten nicht infrage kommt.
Doch der Versuch in London zeigt, dass das Prinzip funktioniert, und dass es sich lohnt, dranzubleiben. Können Ärzte die strapaziöse Therapie noch weiter entschärfen, dann könnte sie eines Tages helfen, HIV tatsächlich zu besiegen.
Dr. Gero Hütter: «Es gab Zweifler»
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Dr. Gero Hütter war 2008 Timothy Ray Browns behandelnder Arzt an der Charité in Berlin. Für ihn ist die Nachricht aus London eine Bestätigung: «Es gab sehr viele Zweifler, die sagten, das habe damals nur geklappt, weil der Patient irgendeine Besonderheit gehabt habe.» Mit dem neuen Fall sei nun ein weiterer Baustein gefunden worden, der beweise, dass diese Therapie eben doch funktioniere – nicht nur beim «Berliner Patienten».
Dass man sie bei allen HIV-Infizierten anwende, sei allerdings noch «Zukunftsmusik», sagt Hütter. «Man hat ja schon vor dem Berliner Patienten versucht, solche Mutationen künstlich herzustellen, und der Berliner Patient hat diese Entwicklung natürlich massgeblich vorangebracht.» Trotzdem sei es in diesen zehn Jahren nicht gelungen, einen Durchbruch zu erzielen.
Der jetzige Patient sei nun ein Anschub für die Bemühungen, weiterzumachen, so Hütter. «Wenn es irgendwann möglich ist, zum Beispiel durch eigene Zellen, die entsprechend manipuliert wurden, eine Heilung zu erreichen, und die Patienten von ihrer Erkrankung zu befreien, wäre das ein riesiger Durchbruch.»
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