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Satelliten-Technologie Kann sich jeder bald einen eigenen Satelliten leisten?

Nano-Satelliten demokratisieren den Zugang zum All und spielen im Internet der Dinge eine wichtige Rolle.

Sportanlässe wie die Ski-WM sind grosse TV-Ereignisse mit Live-Übertragungen in die ganze Welt. Satelliten machen es möglich. Sie sind tonnenschwer und mehrere Meter gross. Ein solches Ungetüm ins All zu bringen, kostet etwa 50 Millionen Franken. Die Technologie ist also zu teuer für kleine Firmen oder Organisationen.

Doch das ändert sich gerade: Nano-Satelliten sind im Kommen, Mini-Satelliten, die viel günstiger sind als ihre grossen Brüder.

Für ein «Taschengeld» ins All

Nano-Satelliten sind nicht mikroskopisch klein, aber sehr kompakt: Ein Würfel, 10 mal 10 mal 10 Zentimeter gross. Man nennt sie deshalb auch «Cube»-Satelliten. Ihr Gewicht liegt zwischen einem und zehn Kilogramm. Weil Transportkosten ins All nach Gewicht berechnet werden, ist es möglich, für gerade einmal 100'000 Franken einen Nano-Satellit ins All zu bringen.

Das eröffnet auch kleineren Firmen und Organisationen den Zugang ins Weltall – ohne, dass sie auf die nächste grosse NASA- oder ESA-Mission warten müssen.

Im Schwarm sind sie stark

Nano-Satelliten unterscheiden sich nicht nur bei den Kosten von «klassischen» Satelliten. Grosse Kommunikations-Satelliten sind geostationär, sie «stehen» also immer am selben Ort und decken konstant dasselbe Gebiet auf der Erde ab – aus einer Höhe von bis zu 36’000 Kilometern. Nano-Satelliten kreisen auf bloss 600 Kilometern Höhe um die Erde. Bei einer Geschwindigkeit von 7 Kilometern pro Sekunde benötigen sie dafür etwa 90 Minuten. Das Gebiet, das sie abdecken, wechselt also ständig.

Schweizer Innovation: Smartphone-Technologie für Nano-Satelliten

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Legende: zvg

Nano-Satelliten müssen im All exakt positioniert werden. Das geschieht mit den globalen Navigationssystemen GPS, Galileo, Glonass und Beidou. Weil die Satelliten kompakt sind, müssen auch die Empfänger für die Navigationssignale möglichst klein und günstig sein, um die Vorteile der Nano-Satelliten nicht hinfällig zu machen.

Der Geodät (Erdvermesser) Markus Rothacher von der ETH und sein Forscherteam griffen deshalb zu handelsüblichen Empfängern, wie sie in Smartphones verbaut sind. Um herauszufinden, ob diese auch im Weltall funktionieren, unterzogen sie die Elektronik extremen Tests unter Strahleneinwirkung, Vakuum, Vibrationen, wie sie beim Start einer Rakete auftreten und grossen Temperaturunterschieden (-40 bis 80 Grad).

Die Bauteile hielten durch - nun mussten die Wissenschaftler auch noch die Software anpassen, weil die beim hohen Tempo der Satelliten (7 km/s) nicht so funktioniert, dass die Positionierung zuverlässig ist.

Herausgekommen ist ein elektronisches Board mit billigen Komponenten anstelle von teuren Spezialbauteilen, wie sie sonst im All zum Einsatz kommen. Um dennoch Zuverlässigkeit zu garantieren, nutzen die Forscher Redundanz und vier Empfänger statt einem.

Um dennoch permanente Abdeckung zu haben, muss man mehrere Nano-Satelliten zu einem Netzwerk zusammenschalten, damit immer ein Satellit in der Nähe ist, über den man kommunizieren kann. Eine solche «Konstellation» aus Satelliten, besteht aus dutzenden bis hunderten Nano-Satelliten, die ein gemeinsames Netzwerk bilden.

Ideal für ein globales Internet der Dinge

Weil Nano-Satelliten günstig sind, kann man ganz viele ins All befördern und verbinden – mehrere Satelliten zu grösseren Einheiten und diese wiederum zu ganzen Netzwerken. Gleichzeitig sind sie sehr nahe an der Erde, was Foto- oder Filmaufnahmen in sehr hoher Auflösung möglich macht.

Nützlich sind Nano-Satelliten auch für das Internet der Dinge oder um auf der ganzen Welt unabhängig von länderspezifischen Kommunikations-Standards Projekte durchführen zu können.

Nano-Satellit aus der Schweiz: Ein Modell des ETH «1-Unit-Cube».
Legende: Nano-Satellit aus der Schweiz: Ein Modell des ETH «1-Unit-Cube». zvg

Auch beim Flottenmanagement von Hochsee-Schiffen kommen Nano-Satelliten zum Einsatz oder bei deren Überwachung, wenn die Schiffe in Zukunft ganz alleine fahren.

Forscher können die Nano-Satelliten nutzen, um Projekte an abgelegenen Orten durchzuführen mit Sensoren etwa, die permanent Umweltwerte messen und automatisch und in Echtzeit an eine Zentrale übermitteln.

Rückkehr zur Erde nach zwanzig Jahren

Wegen ihres universitären Ursprungs wurden die Nano-Satelliten lange als «Universitäts-Satelliten» belächelt. Diese Zeiten sind vorbei. Für die nächsten Jahre rechnet man, dass bis zu dreissig Konstellationen in den Weltraum gebracht werden für verschiedenste Anwendungen. Jede Konstellation wird aus ein paar hundert Nano-Satelliten bestehen.

Die Problematik des Weltraum-Mülls wird dadurch nicht zwingend verschärft: Weil die Nano-Satelliten tief fliegen, sorgt der Luftwiderstand dafür, dass sie sich langsam in einer Spiralbahn der Erde nähern und nach rund zwanzig Jahren von selbst wieder auf der Erdoberfläche landen.

So könnte der «Cube-Sat» im All aussehen, an dem die ETH arbeitet. Sein Name: «1-Unit-Cube».
Legende: So könnte der «Cube-Sat» im All aussehen, an dem die ETH arbeitet. Sein Name: «1-Unit-Cube». zvg

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