Während eines Wimbledon-Turniers werden hunderte Stunden Tennis gespielt. In Erinnerung bleiben aber nur einige wenige Szenen. Das Computersystem Watson des IT-Konzerns IBM ist in der Lage, mit Hilfe künstlicher Intelligenz genau diese Schlüsselmomente zu erkennen.
Den besonderen Moment entdecken
Die Software konzentriert sich auf drei Aspekte: Die Haltung des Spielers, den Punktestand und die Reaktion des Publikums. Geht ein Aufschrei durch die Menge, ist das ein starker Hinweis, dass sich gerade etwas Aussergewöhnliches abgespielt hat. Geschieht das in einer entscheidenden Phase des Matches und passt die Haltung des Athleten in sein antrainiertes Schema, markiert der Computer die Szene.
Aber Watson kann noch mehr. Er hat die gesamte Tennis-Geschichte der letzten drei Jahrzehnte verinnerlicht: alle Resultate, aber auch die Geschwindigkeit des Balles beim Aufschlag zusammen mit Angaben, wer den Ball wie und in welcher Distanz zum Netz abgenommen hat.
Strategien erkennen
Anders als herkömmliche Computer kann sich Watson nicht nur Zahlen merken. Die Maschine hat auch mehrere Millionen Zeitungsberichte zu Tennisspielen der letzten 25 Jahre analysiert. Im Gegensatz zu herkömmlicher Software kann die künstliche Intelligenz mit der Information auch tatsächlich etwas anfangen, zum Beispiel wenn es darum geht, die Strategie eines Spielers zu analysieren.
Watson ist etwa aufgefallen, dass Roger Federer nicht so sehr unter Hitze oder Kälte leidet wie viele seine Gegner. Diesen Zusammenhang konnte die Maschine herstellen, weil sie ganz nebenbei auch alle Wetterberichte der vergangenen Jahrzehnte kennt.
Vom noblen Tennisclub zum Medienunternehmen
Das erste Turnier in Wimbledon wurde 1877 vom All England Lawn Tennis Club (AELTC) durchgeführt. Der AELTC wollte sich mit dem Verkauf von Eintrittskarten die 10 Pfund verdienen, die der Verein für Rasensamen ausgeben musste.
Heute besuchen jedes Jahr rund 470'000 Zuschauer den Anlass in London und der Tennisverein hat sich zu einem Medienunternehmen gemausert: 2018 produziert der AELTC erstmals die TV-Übertragung selbständig ohne die BBC.
Zu den Live-Bildern hinzu kommt ein ausgeklügeltes Angebot über das Internet, das vor allem auf mobile Endgeräte setzt. Betreut wird es von Redaktoren, die die Fans mit den neuesten Video-Szenen, Statistiken und Analysen versorgen und sie zu Diskussionen anregen über Facebook und Twitter. Auch hier unterstützt Watson: Er hat einen Chat-Bot eingebaut, der den Medienmachern unter die Arme greift.