Heinz Julen ist einer der bekanntesten Bürger von Zermatt. Er wurde als Hotelier und durch Kunstaktionen über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Das Scheechaos hat auch bei ihm Spuren hinterlassen.
SRF News: Heinz Julen, Sie haben bewegte Tage hinter sich.
Heinz Julen: Ja, das können sie laut sagen. Es war für uns – aber vor allem auch für die Gäste eine Extremerfahrung. Dies obwohl wir in Zermatt ja wettermässig einiges gewohnt sind.
Aber eine ganze Stadt, die von der Welt abgeschnitten ist, da muss man wohl erstmal improvisieren?
Genau. Vor allem in der Küche. Normalerweise bekommen wir via DHL Produkte aus der ganzen Welt angeliefert. Darauf sind unsere Köche angewiesen, wenn sie unsere Standarts erfüllen wollen. Dieser Nachschub fiel plötzlich aus. Also mussten wir vermehrt auf heimische Produkte umsteigen. Zurück zu den Wurzeln sozusagen. Das war auch reizvoll.
Wie haben die Gäste reagiert?
Sehr unterschiedlich. Bei vielen hatte man den Eindruck, sie wähnen sich in einer Katastrophe, in der sie aber beschützt werden – von uns, den Einheimischen. Sie hatten das Gefühl: «Ok, ich bin gerade in einer Extremsituation, aber mir kann nichts passieren.» So wurde das Ganze für manche zum Event.
…und für Sie zur enormen Verantwortung .
Genau. Wir waren dauernd unter Hochspannung, haben die Lage ständig neu beurteilt. Als Zermatter hat man eh immer ein Auge am Berg und schaut, ob gerade etwas runterkommt.
Sie sagen, Sie seien viel gewohnt. War das Erlebnis trotzdem auch für Sie einschneidend?
Erstaunlicherweise ja. Ich hatte zwei Gäste in einem abgelegenen Chalet untergebracht. Die konnten zwei Tage lang die Hütte nicht verlassen und mussten von Reserven leben. Als ich sie später abholte, wurde mir erst klar, wie viel Schnee gefallen war. Mein Atelier, das in der Nähe steht, war vollkommen zugeschneit. So hatte ich den Ort, den ich seit Jahrzehnten kenne, vorher noch nie gesehen.
Und wie ging es eingeschneiten Gästen?
Gut. Sie fanden es romantisch, mal zwei Tage in einem Chalet festzusitzen. Überhaupt sind wir froh, dass nichts Schlimmeres passiert ist.
Das Interview führte Reto Kohler