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Schweizer Auswanderer «Das sind mutige Leute»

Die Sehnsucht nach einem besseren Leben im Ausland beschäftigt viele Menschen. Doch der Neuanfang gelingt nicht allen.

Dieses Wochenende treffen sich Vertreterinnen und Vertreter der Auslandschweizer zu ihrem 96. Kongress im Wallis. Sie ist gross, die Gemeinschaft der fünften Schweiz: Rund 780'000 Schweizerinnen und Schweizer leben derzeit im Ausland.

Das Leben im Ausland und vor allem das «Auswandern» beschäftigt auch die Sendung «Auf und davon» des Schweizer Fernsehens. In den letzten zehn Jahre hat das Format über 30 Auswanderer-Familien begleitet. Viele waren in der neuen Heimat erfolgreich, einige mussten aber auch wieder in die Schweiz zurückkehren. Was steckt hinter dieser Faszination, die Zelte in der Heimat abzubrechen und in einem anderen Land einen Neustart zu versuchen? SRF News hat beim Produzenten der Sendung nachgefragt.

Marc Gieriet

Marc Gieriet

Produzent SRF-Sendung «Auf und davon»

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Gieriet wurde 1967 in Chur geboren. Der studierte Philosoph und Filmwissenschafter realisiert seit 2003 Filme und Reportagen für «DOK/Serien» und «Reporter». Gieriet ist Produzent der Sendung «Auf und davon», die seit mittlerweile 10 Jahren Auswanderer-Familien begleitet.

SRF News: Marc Gieriet, warum ist das Format «Auf und davon» auch nach 10 Jahren noch erfolgreich?

Marc Gieriet: Grundsätzlich sind Sendungen beliebt, bei denen wir zuschauen können, was andere Leute tun. Es interessiert uns, wie andere den Alltag bewältigen, Hindernisse überwinden und versuchen weiterzukommen. Bei «Auf und davon» kommt noch das Auswandern hinzu. Jeder von uns hat – wenn auch nur eine Sekunde lang – schon daran gedacht, wie es wäre, wenn ich jetzt einfach in ein anderes Land gehen und dort leben könnte. Ich glaube, diese Faktoren machen den Erfolg aus.

Bärtiger Mann sitzt auf einem grossen Traktor.
Legende: Auswanderer Hermann Schönbächler lebt als Förster in der kanadischen Wildnis. SRF

Welche Charaktereigenschaften haben die Menschen, die die Schweiz verlassen?

Ganz allgemein würde ich sagen: Das sind mutige Menschen, die das Abenteuer nicht scheuen. Allen ist gemeinsam, dass sie Wagnisse eingehen möchten in ihrem Leben. Dann hören aber die Gemeinsamkeiten auf. Wir haben in den letzten 10 Jahren über 30 Familien und Paare begleitet. Die waren überhaupt nicht alle gleich. Sie kamen aus unterschiedlichen Berufsständen, waren pensioniert, verheiratet, andere hatten kleine Kinder. Ich würde nicht sagen, dass es den oder die typische Auswanderin gibt.

Warum gehen denn die Leute?

Unsere Erfahrung ist, dass die meisten den Traum vom Auswandern schon früh bei sich gespürt haben. Sie wollen einen Neuanfang machen, ein besseres, ein abwechslungsreicheres Leben führen. Diese Sehnsucht nach etwas anderem als der Schweiz, ist stark verankert bei diesen Leuten. Ich glaube die gehen hauptsächlich wegen diesem Traum. Und: In der Regel gehen die Leute auch aus einer komfortablen Situation heraus. Sie müssen nicht gehen – sie wollen.

Ein Mann und eine Frau schmiegen sich je an ein Pferd.
Legende: Die Auswanderer Myriam Thomann und Urs Batztli betreiben eine Pferderanch in Spanien. SRF

Was braucht es, damit die Auswanderer, diese Träume dann auch verwirklichen können?

Es ist ein grosser Vorteil, wenn das Ausreisen gut vorbereitet ist. Die Chancen sind sicher besser, wenn man nicht mit dem letzten Franken und auf den letzten Drücker in ein fremdes Land geht und es kein zurück mehr gibt. Die meisten der von uns begleiteten Familien haben finanziell eine kleine Marge, sodass sie auch in die Schweiz zurückgehen könnten. Das entspannt ein bisschen.

Was sind die grössten Schwierigkeiten, Gründe fürs Scheitern?

Bei unsern Auswanderern kann man bei den wenigsten von Scheitern sprechen. Die meisten haben es tatsächlich geschafft – bis jetzt. Aber es ist halt doch ein grosser Unterschied, ob man ein Land bereist oder in einem Land lebt. Viele unserer Auswander kennen ihr Land aus den Ferien. Dann dort hinzuziehen, den Alltag kennenzulernen, ist etwas ganz anderes.

Familie sitzt mit einem Kamel vor einem Zelt.
Legende: Die Auswandererfamilie Blum in Australien. SRF

Was macht den Unterschied?

Der Alltag gestaltet sich nicht immer ganz so, wie man ihn sich vorgestellt hat. Und man nimmt natürlich auch die eigenen Probleme mit, etwa Beziehungskonflikte. Nach einiger Zeit ist auch die erste Euphorie verflogen. Dann tauchen Fragen auf: Was, wenn es einem von uns gesundheitlich nicht mehr so gut geht? Dann überlegt man sich vielleicht: So schlecht ist es ja in der Schweiz nicht zum Leben. Oder das Geld wird plötzlich knapp. Das sind lauter so kleine Dinge, die gefährlich sein können.

Was geben Sie einem Auswander für Tipps, was ist das Wichtigste?

Das fundamentalste: Es muss der Wunsch aller Beteiligten sein, auszuwandern. Es ist verheerend wenn es jemand nur dem andern zu liebe mitmacht. Dann kommt es nicht gut. Bei Schwierigkeiten kommt dann sofort der Vorwurf: Ich möchte ja eigentlich gar nicht da sein, du wolltest ja unbedingt... Weiter würde ich sagen: Startet wenn möglich aus einer komfortablen, positiven Situation heraus und nicht aus einer Notsituation.

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