Immer mehr Menschen hören Musik über Streamingdienste, anstatt Tonträger zu kaufen oder die Musik digital zu erwerben. Bands und Sängerinnen beschweren sich über die niedrigen Entschädigungen durch Dienste wie Spotify, Apple Music oder Deezer. Soll man als Konsumentin oder Konsument also besser CDs kaufen? So einfach ist es nicht, sagt der Präsident der unabhängigen Musiklabels und -produzenten in der Schweiz, Andreas Ryser.
Es sei ein Systemwechsel passiert, so Andreas Ryser im SRF-Konsumentenmagazin «Espresso». Früher war es egal, wieviel Mal Musik gehört wurde, solange sie nur gekauft wurde. Heute erhalten Künstler nur Geld, wenn Musik gehört wird. Die Hörer «mieten» die Musik, anstatt sie zu kaufen. «Das ist eine komplette Veränderung», so Andreas Ryser.
Patent Ochsner verdienen 560 Franken im Monat
Nun sind Künstler im Vorteil, deren Musik viel und über Jahre gehört wird. Das Newsportal «Watson» hat eine Liste veröffentlicht mit den 50 Schweizer Musikern, die auf Spotify am meisten gehört werden. Berechnet man die Einnahmen annäherungsweise mit 0,4 Rappen pro Stream, sind die Unterschiede gross: Patent Ochsner verdient auf Spotify gerade einmal 560 Franken pro Monat, die Sängerin Ilira dagegen erhielt den stattlichen Betrag von gegen 20'000 Franken.
Generell kommt man mit Nischen-Musik oder auch klassischer Musik, wo ein Stück auch einmal eine Viertelstunde dauert, mit Streaming auf keinen grünen Zweig, so Andreas Ryser. Hier seien Künstlerinnen und Künstler darauf angewiesen, dass die Fans physische Tonträger kaufen – häufig seien diese dann auch an Konzerten erhältlich.
Schweizer schaffen es kaum in globale Playlists
Ein reelles Problem für Schweizer Interpreten auf globalen Streaming-Plattformen sei, dass sie vernachlässigt werden, so Andreas Ryser. Es gibt Playlists, wo je nach Stil und Thema Musikstücke von verschiedensten Künstlern nebeneinander gestellt werden. Schweizer Künstler schaffen es nur in Ausnahmefällen auf solche Playlists. Spotify beispielsweise habe niemanden, der sich um die Schweizer Musikszene kümmert: «So ist es schwierig, eine gewisse Reichweite zu erzielen.»
Doch er als Chef eines Musiklabels sehe durch die Streamingdienste vor allem Vorteile, auch für die Künstler, so Andreas Ryser. Insbesondere Spotify biete viele Vorteile: «Wir bekommen viele Informationen über die Hörerinnen und Hörer – wir wissen beispielsweise, wo sie herkommen und was sie hören.»
Für Konzerte ist Spotify ein Glücksfall
Für die Planung einer Tournee sei das wichtig. Ebenso, dass man über Spotify auch gezielt Werbung für Konzerte an die User verschicken könne. Zudem könnten Bands laut Andreas Ryser durch Streaming auch sparen, sie müssten weniger CDs produzieren und in die Läden verteilen, was sehr teuer sein kann.
Für die Zukunft des Streamings gibt sich Andreas Ryser denn auch optimistisch. Spotify zum Beispiel habe weltweit «erst» 270 Millionen Nutzerinnen und Nutzer, nur die Hälfte davon habe ein Abonnement. Da gebe es noch viel Luft nach oben, und so auch viele mögliche Einnahmen für Künstlerinnen und Künstler.