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Futuristisches aus dem Pharma-Labor
Aus Echo der Zeit vom 13.05.2018.
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Science Fiction in der Medizin Die Pille, die unter die Haut geht

Neuer Trend der Forschung: Mit elektrischen Impulsen sollen Zellen aufgefordert werden, sich selbst zu reparieren.

Menschen, die krank werden, erhalten in der Regel ein- oder mehrere Medikamente. Die darin enthaltenen Wirkstoffe sollen die Krankheit bekämpfen, einen Mangel beheben oder den Krankheitsverlauf mildern.

In der aktuellen Forschung versuchen Pharmakonzerne Medikamente zu entwickeln, die präziser wirken und weniger Nebenwirkungen haben sollen. Martin Fussenegger, Professor für Biotechnologie und Bioingenieurwissenschaften an der ETH, genügt das aber nicht. «Dieses Konzept wird in der Zukunft nicht fähig sein, alle unsere Krankheiten zu heilen. Einfach deshalb, weil wir nicht immer ein Molekül finden werden, welches die Krankheit therapiert».

Frau spritzt sich Insulin
Legende: Besonders Diabetikern könnte das neue Medikament künftig das Leben einfacher machen. Keystone

Diabetiker im Visier

Daher müsse man sich von der Idee lösen, nach geeigneten Wirkstoffen – oder eben Molekülen – zu suchen. Die Zukunft seien digitale Pillen, die aus Elektronik und Zellen bestehen und unserem Körper sagen, wie er sich selber heilen kann. Die digitalen Pillen, so Martin Fussenegger, werden wir unter der Haut tragen. «Die Zellen in diesen Pillen werden mit unserem Metabolismus kommunizieren. Sie können beispielsweise automatisch Blutzucker und Blutfettwerte messen und diese in die Produktion von therapeutischen Proteinen umwandeln – beispielsweise in Insulin.»

Im Visier haben die Forscher um Martin Fussenegger vor allem Diabetiker. Sie sind häufig damit beschäftigt, ihren Insulinspiegel mit Injektionen stabil zu halten. Elektronische Pillen könnten das übernehmen und den beschädigten Zellen sagen, wie sie sich selber reparieren, um dann wieder selbständig Insulin produzieren zu können.

Die Zellen können beispielsweise automatisch Blutzucker und Blutfettwerte messen und diese in die Produktion von therapeutischen Proteinen umwandeln.
Autor: Martin Fussenegger Professor für Biotechnologie und Bioingenieurwissenschaften, ETH

Die digitalen Pillen können aber noch mehr. Sie sind mit einem kleinen Sender ausgerüstet, der dem behandelnden Arzt Informationen aus dem Körper direkt übermittelt. In Martin Fusseneggers Büro liegen solche Versuchspillen auf dem Pult. Sie sind mit einem kleinen LED-Licht ausgestattet.

Bei Versuchen haben die ETH-Forscher diese Pillen den Mäusen eingepflanzt, die an Diabetes erkrankt sind. «Die elektronische Komponente steuert eine LED, welche die Zellen in diesem Implantat beleuchtet. Nach dieser Beleuchtung produzieren die Zellen beispielsweise Insulin. Das wird in den Blutkreislauf der Mäuse abgegeben».

Elektrische Ströme sollen Zellen Befehle erteilen

Das Licht in dieser elektronischen Pille ist wichtig, um den Zellen den Befehl zu geben, aktiv zu werden. Allerdings: Das Licht braucht noch zu viel Energie. Martin Fusseneggers Team will nun versuchen, dass elektronische Ströme den Zellen direkt Befehle erteilen können, ohne den Umweg über einen Lichtimpuls.

Der Forschungsansatz von Martin Fussenegger klingt nach Science Fiction – ein Tochterunternehmen des Elektrokonzerns Philips hat aber schon vor ein paar Jahren eine elektronische Pille entwickelt, die einen Wirkstoff am gewünschten Ort im Dickdarm abgibt, um beispielsweise einen Tumor zu bekämpfen.

Zellen sollen sich selbst regenerieren

Fusseneggers Ansatz geht noch weiter. Er will ganz auf die herkömmlichen Wirkstoffe verzichten und stattdessen gezielt die menschlichen Zellen anregen, sich selber zu regenerieren.

Kurz vor dem Durchbruch steht Martin Fussenegger nicht: Einzelne Krankheiten könne man vielleicht in 5 bis 10 Jahren via Zellstimulation behandeln, meint der Forscher. Für die perfekte, digitale Pille brauche man aber noch viel Zeit. Der ETH-Forscher ist mit seinem Projekt nicht alleine. Auch an andern Hochschulen forscht man in eine ähnliche Richtung.

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