Zum Inhalt springen

Solothurner Filmtage «Ausharren, auch wenn man nicht weiss, wo es hingehen kann»

Der Eröffnungsfilm «Tscharniblues II» und die grossen Fragen des Lebens. Wie einfach ist es, so einen Film zu machen?

«Es ist ein eigenartiges Gefühl, und ein tolles Gefühl.» Aron Nick sitzt an dem Ort, an dem sein Vater und seine fünf Freunde vor 40 Jahren die Schluss-Szene von «Dr Tscharniblues» gedreht haben. Die jungen Männer sassen damals auf denselben steinernen Bänken und diskutierten. Zuvor filmten sich beim Kiffen im Berner Tscharnergut, sprachen über ihre Träume und ihre Ängste, die sie in einem der ersten Schweizer Hochhausquartiere bewegten.

Die Suche nach Antworten

Aron Nick wollte – 40 Jahre nach diesem Film – herausfinden, was aus den Männern, ihren Träumen und Ängsten, geworden ist. Oder anders gesagt: Auf die Suche gehen nach den «Fragen des Lebens», das Thema der diesjährigen Solothurner Filmtage, an denen «Tscharniblues II» der Eröffnungsfilm wird.

Blick von einem Hochhaus aufs andere im Berner Tscharnergut
Legende: Das Tscharnergut-Quartier im Westen von Bern war Ende der 1950er Jahre eines der ersten Hochhausquartiere der Schweiz. SRF/Bähram Alagheband

Der 34-jährige Regisseur wollte auch herausfinden, wie sich die heutige Zeit im Vergleich zu damals verändert hat. Und ja, er wollte Antworten auf Fragen des Lebens finden. Doch das Resultat kam anders als er dachte. Erfolge oder Misserfolge seiner Hauptfiguren werden im Film zu Nebenschauplätzen. Der Umgang mit heftigen Schicksalsschlägen rückt stattdessen ins Zentrum.

Und der Weg dorthin sei nicht einfach gewesen, so Nick. Zuerst krebsten die Männer zurück, sie hätten damals 1979 gar nichts zu sagen gehabt und dementsprechend gebe es auch heute nicht viel zu sagen. Und: Es gab Momente, in denen Aron Nick nicht daran glaubte, dass der Film genug hergeben würde. Aber: «Während Dreharbeiten muss man manchmal ausharren, auch wenn man nicht weiss, wo es hingehen kann.»

Schuldgefühle beim Drehen

Und: Er, der Regisseur, habe seine Hauptfiguren und sich selbst in Situationen gebracht, die zuvor niemand erahnen konnten oder herbei sehnte. «Es war ambivalent: In einer sehr traurigen Situation merkte ich, jetzt passiert etwas, dass für den Film wichtig ist», so Nick. Gleichzeitig sei für ihn aber klar gewesen, dass diese Situation sehr schwierig sei, dass die Männer aufgelöst sind. «Und ich wusste: Ich bin schuld. Ich habe sie in diese Situation gebracht indem ich Fragen gestellt habe. Und nun habe ich die Situation nicht mehr im Griff.» Das sei gar kein einfacher Moment gewesen.

Aron Nick trägt eine Wollmütze und schaut auf die Blöcke im Tscharnergut.
Legende: Aron Nick kehrte für «Tscharniblues II» in das Quartier zurück, in dem sein Vater lebte und «Dr Tscharniblues» drehte. SRF/Bähram Alagheband

Wer von den Männern nun erfolgreich war und wer nicht, spielt im Film kaum mehr eine Rolle. Es wird zwar über Vergangenes geredet, aber die Männer verbringen auch viel Zeit miteinander im hier und jetzt, wohnen gar kurz zusammen und in dieser Zeit wird klar: Scheitern ist erlaubt, Misserfolge – wenn es denn solche gab – werden akzeptiert. Erst recht von Freunden.

Meistgelesene Artikel