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Statt Spritzen und Pillen Forschen am Pflaster der Zukunft

Medikamente, die über die Haut verabreicht werden, gelten als Zukunftsmarkt. Die St. Galler Empa forscht auf dem Gebiet.

Ein paar Dutzend Gläser stehen auf dem Labortisch in der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) in St. Gallen. In den Gläsern steckt ein weisser Magnetstab, der eine violette Flüssigkeit umrührt. Materialwissenschaftler Luciano Boesel nimmt eines dieser Gläser und stellt es vor eine Lampe. Nach ein paar Sekunden wird die violette Flüssigkeit durchsichtig. Was wie ein Zaubertrick aussieht, ist Chemie.

Das Licht hat die chemische Struktur der violetten Flüssigkeit verändert. «Licht ist ein guter Stimulus», erklärt Boesel. «Es ist nicht gefährlich und man kann es aus der Ferne kontrollieren. Daher eignet es sich gut für den Zweck.»

Frau mit einem Wärmepflater auf der Schulter
Legende: Wer Rückenschmerzen hat, greift gerne zu Wärmepflastern. Der Vorteil: Wärmepflaster geben den Wirkstoff direkt an die Haut ab. Nikotin- und Hormonpflaster funktionieren ebenso. Imago

Boesels Idee: Mit der violetten Flüssigkeit will er winzig kleine Kügelchen bauen. In diese Kügelchen soll ein Medikament abgefüllt werden, zum Beispiel ein Schmerzmittel. Alles zusammen wird dann auf ein Pflaster aufgebracht.

Vier Jahre Forschung an neuem Pflaster

Wenn nun das Pflaster mit Licht bestrahlt wird, verändern die Kügelchen ihre chemische Struktur. Das Medikament kann aus den Kügelchen heraus durch die Haut in den Körper hinein. Schon seit vier Jahren forscht Luciano Boesel zusammen mit Chemiker Sebastian Ullrich an diesem transdermalen Pflaster.

Eine Schwierigkeit ist die Haut selbst. Sie bildet eine Barriere und lässt Medikamente nicht so leicht durch. «Die grösste Herausforderung ist es, ein System zu finden, das tatsächlich auf sichtbares Licht reagiert», sagt Ullrich. «Das Problem ist: Wir arbeiten an der Verabreichung über die Haut. Das heisst, wir brauchen ein Licht, das keinen schlechten Einfluss auf die Haut hat.»

Verabreichung über die Haut hat Potenzial

Solche Pflaster haben für Boesel grosses Potenzial: «Die transdermale Abgabe von Medikamenten ist ein grosser Zukunftsmarkt. Man will die Injektionen oder das Schlucken von Pillen verhindern und durch eine andere Art von Abgabe ersetzen.» Die transdermale Abgabe von Medikamente sei eine der Verabreichungsmethoden, zu denen am meisten geforscht werde.

Dies auch deshalb, weil man über das Pflaster die Medikamentenmenge besser steuern kann als beispielsweise mit einer Tablette, die zuerst durch den Magen muss. Damit es mit dem Projekt schneller vorwärts geht, bekommt die Empa nun finanzielle Unterstützung vom Nationalfonds.

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