Im Centro Esposizioni Lugano, einer schlichten Messehalle, sitzen auf einer Bühne im Halbkreis 9 weissbekleidete und behutete Herren und degustieren Panettone um Panettone. Sie betrachten, betasten und beschnuppern die Stücke, probieren und notieren.
«Er muss im Mund zergehen»
«Der Panettone muss gleichmässig aufgehen, darf keine grossen Löcher haben. Er muss im Mund zergehen und bekömmlich sein», sagt der französische Maître Patissier Gabriel Paillasson, Präsident der internationalen Jury, die am Wochenende den Weltmeistertitel vergeben hat.
Panettoni von 20 Finalisten hat die Jury anonym degustiert. Acht Bäcker stammen aus Italien, vier aus dem Tessin, der Rest aus Spanien, Portugal, Frankreich, den USA, Japan. Die einzige Frau kommt aus Australien.
Ein Panettone ist nicht ein Rezept, es ist eine Philosphie und es ist mein Leben.
Die Kilo-Panettoni müssen mit «Lievito Madre» gemacht sein, einer italienischen Art Sauerteig und mit Butter, Eiern, Zucker und kandierten Früchten. Zusatzstoffe sind verboten.
«Ein Panettone ist nicht ein Rezept, es ist eine Philosophie und es ist mein Leben», stellt der Organisator und Erfinder der Panettone-WM Giuseppe Piffaretti fest. Der Tessiner Bäckermeister, der den Anlass auch moderiert, weist auf die Bedeutung des Panettone für das Überleben der Tessiner Bäckereien hin.
Mehr Tessiner Panettone für die Schweiz
Piffaretti und sein Verband der Panettone-Bäcker würden deshalb gerne auch mehr Produkte in die restliche Schweiz liefern, statt der grossen italienischen Fabriken.
Ein Wettbewerb sporne die Bäcker zu besserer Qualität an und könne vermarktet werden, ist Piffaretti überzeugt. Deshalb habe er die WM organisiert. Zwar hätten ihn die italienischen Kollegen anfänglich belächelt, doch nun seien sie mit ihm Boot.
Ich mag grosse Herausforderungen.
Die Erwartungen sind laut Piffaretti gross. Er prognostiziert: «Wer heute den WM-Titel macht, muss sofort nach Hause und Teig produzieren, denn sein Telefon wird heisslaufen.»
Mit dabei ist auch der Bäcker Katsuei Shiga, der in Japan als Kapazität gilt. Im Panettone-Business sieht er sich aber als Aussenseiter. Er nehme das erste Mal an einen solchen Wettbewerb teil. Das sei wichtiger als gewinnen. Er möge grosse Herausforderungen.
Panettone auf Weltniveau auch aus dem Tessin
Am Ende des Tages folgt dann die Entscheidung: Silber geht an Marzio Monaco aus Losone (TI), Bronze erhält Luca Poncini aus Maggia (TI). Weltmeister wird allerdings der Bäcker Massimo Ferrante aus Genua. Der beste Panettone kommt also doch aus Italien.
«Besser so», sagt Ferrante kurz darauf und grinst. Anfänglich habe er tatsächlich nicht verstanden, wieso eine Panettone-WM in Lugano stattfinde. «Doch dann hat man mich über die Geschichte des Tessiner Panettone aufgeklärt. Und die Tessiner sind ja ohnehin halbe Mailänder.»
Auch Organisator Piffaretti ist mit seiner WM zufrieden: «Das Tessin hat gezeigt, dass es Panettone auf Weltniveau backen kann. Ob sich das in steigenden Verkäufen niederschlägt, ist noch offen. Doch es gibt einen kleinen Schweizer Vorteil: Die Tessiner produzieren das ganze Jahr, während in Italien der Panettone ein klassisches Weihnachtsgebäck ist.