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Super Computing Quantencomputer: grosse Hoffnungen, grosse Probleme

Der neue Rechner kann beim Klimawandel oder bei der Entwicklung von Medikamenten helfen. Der Weg dahin ist noch weit.

Weil die Ammoniakherstellung hohe Temperaturen verlangt, verschlingt die weltweite Düngerproduktion zwischen ein und zwei Prozent des jährlichen Energiebedarfs. Pflanzen schaffen das mit viel kleinerem Aufwand. Wie sie das machen, versteht man noch nicht. Ein Quantencomputer könnte in Zukunft helfen, hinter das Geheimnis zu kommen.

Das ist nur eine von vielen Anwendungen, die traditionelle Computer überfordern. Auch bei der Entwicklung von Medikamenten oder neuen Materialien für Batterien oder Solar Panels könnte der Quantencomputer einen entscheidenden Beitrag leisten.

Grosse Hoffnung - grosse Herausforderung

Doch die Hürden auf dem Weg zum neuen Supercomputer sind sehr hoch. Seit vierzig Jahren wird am Bau des Rechners geforscht, auch in der Schweiz. Wissenschaftlern der ETH Zürich gelang es kürzlich, ein wichtiges Problem zu lösen: Sie bauten das erste Bit für den Quantencomputer, ein sogenanntes Qubit, das Fehler erkennt und korrigieren kann.

Ein wichtiger Schritt, denn Quantencomputer sind äusserst fehleranfällig: Sie arbeiten unter extremen Bedingungen, praktisch bei – 273 Grad Celsius; die präzise Steuerung über Mikrowellen-Impulse ist heikel.

Und als wenn das nicht alles schon schwierig genug wäre, sind Qubits aus physikalischen Gründen auch noch instabil, sagt Andreas Wallraff, Professor für Physik an der ETH Zürich: «Eine Eins im Speicher wird über Zeit zu einer Null.»

Eine weitere Fehlerquelle sind sogenannte Phasenverschiebungen, die dazu führen, dass zum Beispiel aus einer +1 im Speicher plötzlich eine -1 wird. Wenn man länger als etwa eine Millisekunde rechnen will, muss man die auftretenden Fehler korrigieren.

Der Weg zum Quantencomputer – ein Marathon

Solche Fehler zu erkennen und auch noch zu korrigieren ist äusserst schwierig – so schwierig, dass man zuerst glaubte, das verunmögliche den Bau eines Quantencomputers, erklärt Andreas Wallraff. Mitte der 1990er-Jahre konnte man theoretisch zeigen, dass das doch möglich ist.

Das ETH Team entwickelte ein Speicherelement, in dem die Information eines Qubits auf neun Qubits verteilt wird. Acht weitere Qubits überwachen den Speicher. Für ein fehlerkorrigiertes, logisches Qubit braucht es also 17 physische Qubits.

Trotz dieses Durchbruchs sei der Weg noch immer sehr, sehr lang: «Auf dem Marathon zum Quantencomputer stehen wir auf der ersten Meile», so der Wissenschaftler.

Heike Riel, die bei der IBM die Entwicklung des Quantencomputers leitet, bestätigt: «Wir stehen in der Anfangsphase des Marathons.»

Vom Taschenrechner zum iPhone

Das bedeutet jedoch nicht, dass wir noch weitere 40 Jahre auf den Superrechner warten müssen. Die Physikerin verweist auf die Geschichte der Halbleiterindustrie: In den 1970er-Jahren kamen zuerst einfache Produkte wie Taschenrechner auf den Markt, die aber durchaus nützlich waren. Mit den Jahren wurden die Geräte immer leistungsfähiger.

IBM will nun ähnlich verfahren und sucht nach den ersten einfachen Anwendungen für den Quantencomputer, die Nutzerinnen einen Vorteil verschaffen, etwa bei der Simulation einfacher Moleküle.

Die Forscherinnen und Forscher des IT-Konzerns arbeiten auch bereits mit der Industrie zusammen: Mit dem Energiekonzern Eon etwa wird evaluiert, wie man den neuartigen Rechner in Zukunft bei der komplexen Analyse von Stromnetzen einsetzen könnte.

So will man Schritt für Schritt weiterkommen – wie bei unseren traditionellen Computern auch: Zuerst kam der Taschenrechner, erst Jahrzehnte später folgte das iPhone.

Am 6. April 2022 um 9:10 Uhr auf SRF 3

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