Wer schon einmal einen Artikel über einen Hackerangriff gelesen hat, kennt das Bild: Ein Mann (und es ist immer ein Mann) im schwarzen Kapuzenpullover beugt sich über eine Computertastatur in einem spärlich beleuchteten Raum, vor ihm ein Bildschirm mit Code-Zeilen.
Gaetan Bally hat so ein Foto gemacht: «Im Jahr 2009 gab es plötzlich ein Bedürfnis nach Bildern von Hackern und Cyberkriminellen», erklärt der Fotograf, der seit fast 20 Jahren für die Agentur Keystone arbeitet. «Leider konnte ich keinen echten Hacker fotografieren. Daraufhin meinte mein Kollege, er bringe am nächsten Tag einen Kapuzenpullover mit.»
In einer Ecke der IT-Abteilung von Keystone entstand darauf ein Symbolbild, das bis heute die Vorstellung davon mit prägt, wie ein Hacker aussieht.
Jahrelang die gleiche Enter-Taste
«Themen aus den Bereichen Computertechnologie und Finanzen sind besonders schwierig zu bebildern», weiss Marcus Benkwitz von der Agentur plainpicture in Hamburg, die sich auf Symbolbilder spezialisiert hat. Für den Betrachter seien das oft langweilige Bilder: «Zum Thema Digitalisierung etwa hat man jahrelang einfach die gleiche Enter-Taste abgebildet.»
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Bei Plainpicture beobachtet man ständig den Markt und reagiert auf die Nachfrage. Wo auffällig viel identisches Bildmaterial angeboten wird, versucht man mit überraschenden Motiven oder neuen Sehgewohnheiten zu punkten.
Auch Gaetan Bally hatte sich damals für seine Aufnahme inspirieren lassen und recherchierte, wie Hacker anderswo auf Fotos und Filmen gezeigt wurden. Bei einigen Bildern trieb offensichtlich die Fantasie Blüten: «Auf einem Bild trugen die Hacker sogar Masken oder Lederhandschuhe», erinnert sich Bally. «Also ich habe noch nie einen Computer mit Lederhandschuhen bedient – ich stelle mir das recht schwierig vor!»
Zu professionelle Aufnahmen wirken gestellt
Inszenierte Symbolbilder machen mit etwa einem halben Prozent nur einen ganz kleinen Teil von Gaëtan Ballys Arbeit aus. Der Fotograf zeigt am liebsten das Leben in der Schweiz in Portraits und Reportagen. Dabei entstehen oft Aufnahmen, die sich auch als Symbolbild eignen: Das Foto einer schreibenden Kinderhand etwa könnte Texte zu Bildungsthemen illustrieren.
Agenturen wie plainpicture arbeiten anders. Sie inszenieren Aufnahmen mit professionellen Fotomodellen aber auch mit Laien. In sogenannten «Streetcastings» wird nach ganz «normalen» Menschen gesucht: «Das bringt oft die besseren Resultate, denn solche Bilder sollen ja die Wirklichkeit widerspiegeln», so Marcus Benkwitz. Aufnahmen mit professionellen Fotomodellen wirkten schnell gestellt, was bei bestimmten Themen der eigentlichen Absicht entgegenstehe.
«Sonst glaubt uns am Ende niemand mehr»
Während Massenmedien und Werbung lange Zeit unsere Bilderwelt dominierten, haben in den letzten Jahren die sozialen Medien neue Bildräume eröffnet – und so das Ausmass der Inszenierung noch einmal gesteigert. Beim Betrachten von Instagram-Bildern etwa kommt stets die Frage auf, wie echt sie eigentlich sind und durch wie viele Filter und Retouchen sie allenfalls geschönt oder verändert wurden.
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«Bei Keystone sind solche Eingriffe absolut verboten», stellt Gaetan Bally bestimmt fest. Selbst wenn es in einem Bild ein Element gebe, das die Aufnahme störe – ein Pfosten hinter dem Kopf einer Portraitierten zum Beispiel – müsse das Objekte stehen bleiben. Wer sich nicht an diese Vorgabe halte, könne entlassen werden. «Da muss man wirklich streng sein – sonst glaubt am Ende niemand mehr dem, was in den Medien zu sehen ist.»