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Tourismus auf Abwegen Die Durchfall-Masche in Nepal

Zuerst das Abführmittel und dann die Rettung per Helikopter zu exorbitanten Preisen. Was tun gegen die Betrüger?

In Nepal wurden Wandertouristen abführende Mittel ins Essen gemischt, damit sie per Helikopter in Spitäler geflogen werden konnten. Am Himalaya wird im grossen Stil betrogen, um mit unnötigen Rettungsaktionen per Helikopter und Spitalbehandlungen Geld zu verdienen. Wegen dieser Betrügereien drohten nun internationale Versicherungen, ab September keine Versicherungen für Nepal-Reisende mehr anzubieten, berichtet «The Kathmandu Post».

Die Ermittlungen

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Das nepalesische Tourismusministerium habe acht Reiseveranstalter, vier Spitäler und drei Helikopteranbieter identifiziert, die am Betrug beteiligt seien. Das teilte ein Sprecher des Ministeriums mit. Sie sollen unter anderem Dokumente gefälscht haben, um die Nottransporte aus den Bergen zu rechtfertigen. Die nepalesische Regierung erwäge nun, eine Polizeieinheit zur Rettung von Himalaya-Wanderern in Not einzurichten, sagte der Sprecher weiter.

Für Kari Kobler ist klar: Dass Menschen zu exorbitanten Preisen aus Gebieten rausgeflogen werden, ist ein Muster in Nepal. Der Bergführer leitet das Reisebüro Kobler & Partner, das Trekkings und Expeditionen anbietet. Das Büro ist zudem einer der führenden Veranstalter von Achttausender-Expeditionen. Kobler war selber fünfmal auf dem Mount Everest, auf dem K2 und anderen Achttausendern.

Er habe sich schon lange gefragt, weshalb sich die Versicherungen nicht gegen diese Mentalität wehrten, sagt Kobler. «Es gibt ein paar schwarze Schafe, die den Betrug ausgeprägt betrieben haben, und das wusste man schon eine Zeit lang.» Es sei nur eine Frage der Zeit gewesen, bis dies in die Öffentlichkeit gelangt. Dass die Lage im Tourismus ausser Kontrolle sei in Nepal, will er aber so nicht bestätigen.

Wanderer im Mount-Everest-Gebiet
Legende: Dass Wanderer aus den Basislagern für exorbitante Preise herausgeflogen werden, sei schon lange bekannt, sagt Kari Kobler. Keystone

Dass Versicherungen nun ihre Leistungen für Nepal einstellen wollen, ist für Kobler das einzige Mittel, den Betrügern zu zeigen, dass es finanziell schwieriger wird. Als Konsequenz kann er sich grosse Einbussen vorstellen: «Das Tourismus-Geschäft ist für Nepal die wichtigste Einnahmequelle.» Auch Kari Kobler führt zusammen mit Einheimischen eine Agentur in Kathmandu.

Die nepalesische Regierung müsse nun auch handeln: «Es wird viel gemauschelt, aber sie kann nicht mehr wegschauen.» Gewisse Regierungsminister würden gar mitspielen bei den Betrügereien. «Jeden dritten Monat wurde der Minister ausgewechselt, damit die Korruption unterbunden werden konnte», sagt Kobler. Mit der neuen Verfassung und Regierung könnten nun Entscheidungen gefällt werden, die handfeste Auswirkungen hätten.

Wir Reiseveranstalter im Westen müssen aufhören mit dieser ‹Geiz ist geil›-Mentalität.

Trekking und Expeditionen in Nepal sind sehr beliebt. Kobler sieht die Verantwortung auch bei den Anbietern: «Wir Reiseveranstalter im Westen müssen aufhören mit dieser ‹Geiz ist geil›-Mentalität. Die Nepalesen müssen auch Geld verdienen, und so werden einfach neue Wege gesucht.» Es gehe darum, nicht immer den billigsten Reiseveranstalter zu nehmen. Denn man merke ziemlich schnell, wenn etwas an der Sache faul sei.

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