In keinem europäischen Zoo gibt es mehr Nashörner als in Dvur Kralove. Die 21 Dickhäuter sind die Attraktion des tschechischen Zoos. Doch jetzt macht er mit einer – auf den ersten Blick – brutalen Aktion von sich reden. Am Dienstag liess er allen 21 Tieren die Hörner absägen.
Der Entscheid sei ihm alles andere als leicht gefallen, gesteht Zoodirektor Premysl Rabas auf Anfrage. «Es ist aber die sicherste Methode, um die Tiere vor Horndieben zu schützen.» Für die Nashörner sei der Eingriff schmerzfrei, vergleichbar mit dem Schneiden von Nägeln. Zudem wüchsen die Hörner wieder nach.
Die Nashorn-Wilderei
Der Handel mit Horn von Nashörnern ist auf internationaler Ebene seit rund vier Jahrzehnten verboten. Dennoch blüht der illegale Handel. Vor allem in China ist das Horn gefragt: Ihm werden dort aphrodisierende und heilende Kräfte zugeschrieben. In Vietnam wird es auch als Heilmittel gegen Krebs propagiert, seit ein Mitglied der dortigen Regierung 2007 durch Konsum von Nashornpulver genesen sein soll. |
Seit in Vietnam und China die Wirtschaft kräftig boomt, explodiert die Nachfrage nach den teuren Hörnern und die Wilderei nimmt seit 2008 dramatisch zu, wie der WWF sagt. Ein Horn wiegt ein bis zehn Kilo, auf dem asiatischen Schwarzmarkt würde es bis zu 600‘000 Franken kosten. |
Anders als bei Hirschen oder Elefanten ist das Rhinozeros-Horn kein Knochen oder Zahn, sondern besteht aus Kreatin wie die Fingernägel und Haare von Menschen. Die Nashorn-Hörner können im Extremfall bis zu 160 Zentimeter lang sein. |
Wegen Wilderei in Pariser Zoo
Auslöser für die Massnahme sei der Tod eines Nashorns in Frankreich gewesen. Vor rund zwei Wochen erschossen Wilderer in einem französischen Zoo bei Paris einen Dickhäuter, sägten ihm das eine Horn ab und nahmen es mit. Zwei weitere Tiere blieben verschont.
Dem Zoo zufolge war es das erste Mal, dass Diebe in einen Tierpark eindrangen und ein Rhinozeros getötet haben. Die Ermittler schätzten den Wert des gestohlenen Horns auf bis zu 40'000 Euro.
Kein Hinweis auf geplanten Diebstahl
«Das war kein Einzelfall», stellt Zoo-Direktor Rabas fest und verweist auf einen Fall in Grossbritannien, in dem der Geheimdienst vor einigen Jahren einen geplanten Horndiebstahl verhindern konnte.
Konkrete Hinweise auf einen möglichen Diebstahl in Tschechien habe es nicht zwar gegeben, aber das Zoo-Team von Dvur Kralove habe seine Tiere vor einem ähnlichen Schicksal bewahren wollen.
Tschechien ist eine Drehscheibe für den Hornhandel.
«Zudem ist Tschechien eine Drehscheibe für den Hornhandel.» Laut Rabas gibt es dort regelrechte Hornschmuggel-Banden, die beispielsweise Horn aus Südafrika nach Asien schmuggeln.
Gegen sie nützen auch erhöhte Sicherheitsmassnahmen nicht, ist der Zoodirektor überzeugt. Noch vor dem Fall in Frankreich habe der Zoo Kameras installiert und sie nachträglich aufgerüstet, damit sie auch bei Nacht funktionierten. Aber die Hörner abzuschneiden, ist sicherer, wie Rabas insistiert.
Sicherheit der Tiere an erster Stelle
Über die Frage, ob seine Nashorn-Herde damit an Attraktivität verliere und der Zoo deswegen finanzielle Einbussen hinnehmen müsse, habe er sich keine Gedanken gemacht. «Wenn sich die Sicherheit der Tiere auf diese Art massiv steigern lässt, dann ist es zweitrangig, wie viel Geld man mit ihnen macht.»
Wie üblich bei Schmuggler- und Wilderer-Ware sollen die Hörner der 21 Tiere demnächst verbrannt werden – in Zusammenarbeit mit der Polizei. Bis dahin werden die Hörner an einem sicheren Ort ausserhalb des Zoogeländes aufbewahrt, wie Rabas betont.