Ein New Yorker Transplantationsteam hat eine Schweineniere für mehr als zwei Tage an einen Menschen angeschlossen. Das Organ sei für 54 Stunden ausserhalb des Körpers am Bein einer hirntoten Person mit dem Blutkreislauf verbunden worden. Es habe dort «fast sofort» angefangen zu arbeiten und das Stoffwechselprodukt Kreatinin zu bilden. Das berichteten die Zeitungen «USA Today» sowie die «New York Times» unter Berufung auf die Klinikgruppe Langone in New York.
Das Schwein war demnach gentechnisch verändert, um die Wahrscheinlichkeit eines Abstossens der Niere zu verringern. Die aufsehenerregende Transplantation könnte Hoffnung für viele Menschen nähren, die auf Spenderorgane angewiesen sind. Wissenschaftler versuchen seit geraumer Zeit, Organe in Schweinen zu züchten, die für Menschen nutzbar sind – neben Nieren auch Herzen oder Lungen.
Für Nicolas Müller, den Leiter des Transplantationszentrums am Unispital Zürich, ist der Eingriff ein «weiterer wesentlicher Schritt» auf dem Gebiet der Xenotransplantation, also der Übertragung von Zellen oder Organen von einer Spezies auf eine andere. «Eine Hürde dabei ist die Frage, ob eine solche Schweineniere die normale Funktion einer menschlichen Niere übernehmen kann.» Dies wurde nun – zumindest für 54 Stunden – belegt.
Für Müller gibt es aber weitere Hürden – insbesondere was eine Abstossung des tierischen Organs betrifft. «Diese Niere wurden nicht unmittelbar abgestossen, was ein gutes Zeichen ist. Man weiss aber nicht, wie es sich verhält, wenn die Niere länger im Körper bleibt.» Schliesslich birgt auch die mögliche Übertragung von Schweineviren Risiken. «Diese Gefahr ist aber sehr klein. Auch weil diese Schweine keimfrei gezüchtet werden.»
Transplantation weiterer Organe möglich?
Ist es auch denkbar, andere Schweineorgane in einen Menschen zu verpflanzen? «Die Hoffnung besteht, dass künftig auch das Herz oder die Leber verwendet werden könnte. Aber auch dort wird man zuerst den Tatbeweis erbringen müssen, dass die Organe diese Funktion effektiv übernehmen können», sagt Müller.
Dass Wissenschaftler in der Xenotransplantation auf Schweine zurückgreifen, ist derweil naheliegend. «Sie können einfach gezüchtet und auch relativ einfach genetisch abgeändert werden. Und ihre Organe ähneln den menschlichen stark.»
Damit Schweine dereinst quasi als «Reservoir» für menschliche Organe genutzt werden, müssten sie genetisch verändert werden und in speziellen Zuchtanstalten – in einer keimfreien Umgebung – heranwachsen. Für manche Menschen mag sich das nach Science-Fiction der beunruhigenden Art anhören. Für Müller ist klar, dass sich bei der Xenotransplantation auch ethische Fragen stellen. «Es ist nötig, diese wichtige Debatte gesellschaftlich zu führen, um so etwas in der Routine einzuführen. Aber davon sind wir noch relativ weit entfernt.»
Die Geschichte der Entwicklung von Xenotransplantationen ist derweil lang und von Rückschlägen gekennzeichnet. Spektakulär war vor allem der Fall von Baby Fae, das 1984 in Kalifornien ein Pavianherz bekam. Es starb drei Wochen nach der Operation.