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Keine politischen Karikaturen mehr
Aus Rendez-vous vom 11.06.2019. Bild: Keystone
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Verzicht auf Polit-Karikaturen «Da gehen viel Humor und ein wichtiges Ventil verloren»

Die «New York Times» verzichtet ab Juli auf die täglichen politischen Karikaturen. Sie reagiert so auf einen Shitstorm, ausgelöst durch eine Zeichnung vom April. Diese zeigt Israels Premier Netanjahu als Blindenhund mit Davidstern am Halsband, der den blinden US-Präsidenten Trump mit Kippa führt. Der Schweizer Zeichner Felix Schaad kennt die Chancen und Grenzen der Karikatur genau, kann aber die Massnahme der Zeitung nicht nachvollziehen.

Felix Schaad

Felix Schaad

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Der Schweizer Comic-Zeichner und Karikaturist Felix Schaad (58) zeichnet unter anderem für den «Tages-Anzeiger».

SRF News: Wie beurteilen Sie die umstrittene Karikatur mit Netanjahu und Trump?

Felix Schaad: Die Karikatur hätte man so nicht veröffentlichen sollen, denn es werden politische und religiöse Dinge vermischt. Da kann man im Nahen Osten eigentlich nur alles falsch machen. Man sagt zwar immer, Satire dürfe alles. Aber man muss genau hinschauen. Dazu braucht es auch sehr gute Leute auf den Redaktionen, die Karikaturen beurteilen können.

Ist somit die Vermischung von Politik und Religion in der Karikatur gar nie möglich?

Das hängt sehr von der Situation, vom Land, von der Region ab. Im Fall Israel kocht alles so hoch, dass es extrem heikel ist, was immer man auch sagt. Man kann also entweder nicht mehr darüber zeichnen. Oder man kann sich fragen, ob man es anders darstellen kann, um gewisse Dinge auseinanderzuhalten.

Was verliert eine Zeitung, die keine politischen Cartoons mehr druckt?

In erster Linie geht sehr viel Humor verloren. Zugleich verliert man eine ganz wichtige Kommentarstimme, die zu einem Thema etwas sagen, was andere so vielleicht nicht dürfen. Auch die wichtige Ventilfunktion von Karikaturen ist nicht zu unterschätzen, welche die Menschen sehr schätzen. Sie kann einem gehobenen Stammtisch gleichen, ein bisschen aus dem Bauch heraus, aber trotzdem immer intelligent. Das ist der hohe Anspruch, den Karikaturen einlösen sollten.

Karikaturen würden angegriffen, wenn die demokratische Freiheit in Gefahr sei, sagt Ihr Kollege Patrick Chapatte. Malt er zu schwarz?

Nein. In Amerika verzichten immer mehr Zeitungen auf Karikaturen. Man kann sich schon fragen, wohin dieser Trend geht und warum diese Stimme nicht mehr ertönen soll. Insofern teile ich die Meinung von Chappatte.

Die NYT reagiert aufgrund eines Shitstorms auf Twitter. Ist das Blatt zu schnell eingeknickt?

Auf jeden Fall. Man kann sich tatsächlich für diese Zeichnung entschuldigen. Aber wenn eine Zeitung etwas Falsches schreibt, hört sie auch nicht auf zu publizieren. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, warum man jetzt das ganze Medium spült.

Wie erleben Sie als Zeichner den Druck der sozialen Medien, die alles beschleunigen? Gibt es Tabuthemen?

Die Beschleunigung ist enorm. Persönlich nehme ich davon nicht so viel mit, weil ich nicht auf den sozialen Medien bin. Es gibt Themen, zu denen ich nicht zeichnen möchte. Es sind tragische Ereignisse und Dinge, die Raum brauchen. Eine Karikatur macht am meisten Sinn, wenn man jemandem eins ans Bein geben kann oder muss. Dann ist sie stark. Es gibt aber Themen, wofür es keine Karikatur braucht.

Das Gespräch führte Simon Leu.

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