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WikiLeaks-Enthüllungen Von der Massenüberwachung zur gezielten Abhöraktion

Wir müssen mit unsicheren Computer leben. Die Vorteile einer vernetzten Welt sind dennoch grösser als die Risiken.

Ein Insider des US-Auslandgeheimdienstes CIA soll WikiLeaks tausende Dokumente zugespielt haben. Diese zeigen, wie Schwächen in unseren Computern für gezielte Überwachungen ausgenutzt werden können. Weder kann man sich davor schützen, noch kann man auf Computer verzichten.

SRF News: Peter Buchmann, vor vier Jahren gab es die Enthüllungen von Edward Snowden zur NSA, jetzt Dokumente von der CIA. Was sind die Unterschiede?

Peter Buchmann, SRF Digital : 2013 hat Edward Snowden der Öffentlichkeit erstmals gezeigt, dass die National Security Agency (NSA) in grossem Stil Daten sammelt, dass die Behörde eine Massenüberwachung betreibt.

Das hat schockiert. Es hat ein Stück weit zu einem Umdenken geführt. Verschlüsselung wurde vermehrt ein Thema für viele Nutzer. Bei den Chat-Applikationen schauen heute viele darauf, in der Hoffnung, so der Massenüberwachung zu entgehen.

Unsere Computer, Smartphones sind unsicher.
Autor: Peter Buchmann Redaktor, SRF-Digital

Worum ging es bei den neusten Enthüllungen?

Die Dokumente, die WikiLeaks diese Woche veröffentlicht hat, zeigen vor allem, wie der Auslandgeheimdienst CIA Schwächen in Computer-Systemen nutzt, wenn sie gezielt einzelne Personen überwacht.

Wenn jemand Verschlüsselung einsetzt, muss ein Geheimdienst direkt auf ein Gerät zugreifen, falls er mithören will. Er muss Texte aus einem Chat oder Gespräche abfangen, bevor sie von einer App verschlüsselt werden.

Vor vier Jahren ging es um Massenüberwachung. Die Enthüllungen von dieser Woche haben nun einen Einblick in die Methoden der gezielten Überwachung gewährt.

Die Dokumente auf WikiLeaks zeigen, wie ein Geheimdienst trotz Verschlüsselung mithören kann. Wie verletzlich sind wir?

Unsere Computer, Smartphones sind unsicher. Unsichere Technik ist aber nur eine Seite. In einer Risiko-Analyse muss man auch die Motive des Angreifers berücksichtigen. Man muss sich überlegen, welches Interesse ein Geheimdienst an mir hat. Wie wahrscheinlich ist es, dass ich in den Fokus gerate? Gerade bei gezielter Überwachung ist dieses Risiko für einen Durchschnittsbürger klein, weil der Aufwand für den Geheimdienst doch erheblich ist.

Wer heute einen Computer und das Internet benützt, der muss mit den Schwachstellen leben.
Autor: Peter Buchmann Redaktor, SRF-Digital

Das heisst aber nicht, dass man ethische Fragen in Zusammenhang mit Überwachung nicht diskutieren sollte. In einer Demokratie müssen Abhöraktionen durch den Staat genau geregelt werden.

Voraussetzung für die gezielte Überwachung sind Schwachstellen in der Informatik. Warum sind unsere Systeme so unsicher?

Die Architektur unserer Computer hat eine lange Geschichte. Dass Programme und Daten im gleich Speicher liegen, ist ein grosses Sicherheitsrisiko. Das war man sich vor mehr als 60 Jahren nicht bewusst, als man diesen Entscheid getroffen hat. Da hat man nur die Vorteile gesehen: Es macht Computer billiger und enorm flexibel. Sicherheit war damals noch kein Thema.

Theoretisch weiss man heute, wie man es besser machen könnte. Doch in der Praxis kann man die unsicheren Computer nicht einfach austauschen, weil die Software nicht dazu passt. Mit einer Ausnahme: Beim Internet der Dinge könnte man es besser machen. Doch da sieht es ganz so aus, als ob die Sicherheit wieder vernachlässigt wird, dass man wieder den gleichen Fehler macht.

Peter Buchmann

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Peter Buchmann arbeitet seit 2013 bei der SRF-Digitalredaktion. Zuvor war er als Entwickler tätig. Buchmann blickt auf ein Studium der Japanologie, Sinologie und Informatik zurück.

Computer sind unsicher. Kann ich mich dem entziehen?

Nein, wer heute einen Computer und das Internet benützt, der muss mit den Schwachstellen leben. IT-Systeme haben aber nicht nur Nachteile, im Gegenteil.

Die Vorteile, die wir heute dank Vernetzung nutzen, sind enorm: Dank Samrtphone bin ich immer mit allem und jedem verbunden. Firmen können ihre Produkte über das Internet auf der ganzen Welt anbieten – und das praktisch gratis. Wissenschaftler können sich über alle Grenzen hinweg austauschen und zusammenarbeiten. Das beschleunigt die Forschung. Als Konsument kann ich mich über das Angebot und die Preise informieren wie nie zuvor.

Das sind nur einige Vorteile. Wer heute an der modernen Gesellschaft teilnimmt, kann deshalb nicht auf vernetzte Computer verzichten. Das heisst aber nicht, dass man nicht Wege finden sollte, um die Sicherheit grundsätzlich zu verbessern.

Das Gespräch führte Christoph Kellenberger.

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