Das hat die Solothurner Gemeindeversammlung entschieden: Mit 256 zu 247 Stimmen haben die anwesenden Stimmbürgerinnen und Stimmbürger der Stadt «Eintreten» zur Vorlage beschlossen. Zuvor gab es im Landhaus eine zweistündige Debatte über Vor- und Nachteile von Gemeindeversammlungen und Parlamenten. Mit dem Entscheid der Versammlung ist der Weg nun frei, dass an der Urne über einen Systemwechsel abgestimmt werden kann.
So ist die Stadt Solothurn heute organisiert: Solothurn hat kein Stadtparlament. Der wichtigste politische Player ist der Stadtpräsident, er führt die Sitzungen des 30-köpfigen Gemeinderates, der Exekutive. Der Gemeinderat tagt einmal pro Monat, die Mitglieder äussern sich zu den Geschäften, die oft von den Chefbeamten ausgearbeitet werden. Legislative ist die Gemeindeversammlung, sie tagt zweimal pro Jahr.
Das sagen die Kritiker dieses Systems: In diesem System habe die Verwaltung zu viel Macht, im Grunde bildeten die Chefbeamten die Exekutive. Der Gemeinderat könne nur bedingt Einfluss nehmen, der Stadtpräsident habe hingegen sehr viel Macht. Ausserdem sei die Gemeindeversammlung nicht repräsentativ und sie schliesse gewisse Gruppen – zum Beispiel Menschen, die am Abend arbeiten oder Kinder betreuen müssen – systematisch aus.
Das sagen die Befürworter dieses Systems: Die bestehende Organisation sei schlank und effizient. Ausserdem gebe die Gemeindeversammlung den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit, einfach und unbürokratisch mitzubestimmen. Ausserdem habe sich das System bewährt, der Stadt Solothurn gehe es schliesslich gut.
So soll die Stadt Solothurn künftig organisiert sein: Keine Gemeindeversammlung mehr, dafür ein Stadtparlament mit 30 Mitgliedern und eine 5-köpfige Regierung mit 4 Stadträten mit Teilzeitpensen und einem vollamtlichen Stadtpräsidenten. Der Solothurner Gemeinderat hat sich in diesem Sommer mit 21 zu 9 Stimmen für diesen Systemwechsel ausgesprochen. SVP und FDP waren dagegen. SP, CVP, GLP und Grüne dafür.
Das sagen die Gegner der Alternative: Der Parlamentsbetrieb und ein fünf-köpfiger Stadtrat würden jährlich etwa 500'000 Franken kosten. Selbst wenn die Beteiligung an der Gemeindeversammlung oft gering sei, so seien Entscheide der Gemeindeversammlung immer noch breiter abgestützt als jene eines Parlaments. Es bestehe die Gefahr dass sich ein Stadtparlament in seinem «Elfenbeinsaal» verschanze, wurde am Dienstag an der Gemeindeversammlung argumentiert.
So geht es weiter: Am 10. Februar 2019 wird die Stadt Solothurn darüber abstimmen, ob sie die «ordentliche Gemeindeorganisation» -mit Gemeindeversammlung – behalten will, oder ob sie eine «ausserordentliche Gemeindeorganisation» – mit Stadtparlament, ohne Gemeindeversammlung – einführen will. Bei einem Ja wird voraussichtlich im Juni 2020 über die Details der neuen Gemeindeorganisation abgestimmt.