Schaffhausen, 2. Juli 1920: Neun junge Pontoniere wagten eine verbotene Bootsfahrt auf dem Rhein. Dort, wo heute das Kraftwerk steht, versuchten sie an diesem Abend, die gefährlichen Stromschnellen zu bezwingen. Sie waren beflügelt von ihrem Erfolg, hatten sie doch zuvor eine schwierige Fahrt auf der Reuss in Luzern gemeistert.
Die jungen Männer waren mit einem sogenannten Dreiteiler unterwegs – ein Boot, welches sich aus drei Elementen zusammensetzt. «Das war natürlich interessant für die Steuerleute», sagt Pontonier Christian Stamm 100 Jahre nach dem Unglück. Stamm hat sich mit der tödlichen Fahrt der jungen Männer auseinandergesetzt und kann ihre Faszination nachvollziehen: «Einen Dreiteiler sauber fahren und landen zu können, macht uns Pontoniere stolz».
Die jungen Männer verstärkten ihr Boot bei der verbotenen Fahrt extra mit Spanntau, um es stabiler zu machen. Voller Zuversicht, in grösster Geschwindigkeit näherten sie sich dem Moserdamm, wie einer der Beteiligten später in einem Bericht geschrieben hatte. Doch das Boot konnte dem grossen Wasserdruck nicht standhalten, füllte sich in Kürze mit Wasser.
Bilder eines eingeweihten Fotografen dokumentieren die letzten Momente: Der Rumpf des Dreiteilers brach, der Vorderteil mit drei Personen verschwand in der Gischt. Kurz darauf verkeilte sich der Bug an einem Felsen, das Boot überschlug sich. Nur sechs der neun Pontoniere konnten sich ans Ufer retten, drei Kollegen im vorderen Teil des Bootes ertranken. Die Toten wurden später in einem Gemeinschaftsgrab in Neuhausen beigesetzt.
Das tödliche Unglück von 1920 hinterliess Spuren bei den Schaffhauser Pontonieren. Während Jahrzehnten galt das Datum als Gedenktag, niemand wagte sich aufs Wasser. 100 Jahre nach dem Unglück haben die Pontoniere haben den Anstoss gegeben, dass Schaffhausen den Toten von damals bei einer Zeremonie mit Regierungsvertreterinnen und -vertretern gedenkt. Dieser Anlass berührt den Schaffhauser Stadtarchivar Peter Scheck.
«Dabei können wir aufzeigen, wie die Menschen in der Stadt Schaffhausen früher anders mit Solidarität umgegangen sind als heute», so Scheck. Heute gäbe es wohl böse Leserbriefe, nur wenige Leute hätten Erbarmen mit den Pontonieren. Früher aber habe die Bevölkerung sogar Geld gesammelt und den Hinterbliebenen tausende Franken gespendet.