Einradfahrerinnen, Jongleure, Feuerspucker: Es ist eine richtige Zirkuswelt, die sich vor dem Publikum auf dem Jesuitenplatz in Luzern auftut. Die Luzerner Inszenierung von «Jedermann» will also zurück zu den Wurzeln des Theaters. Schliesslich waren es Fahrende und Gaukler, die die ersten Freilichtspiele auf den Plätzen Luzerns aufgeführt hatten.
Die Luzerner Version des «Jedermann» von Thomas Schulte-Michels kommt sehr farbig daher – fast ein bisschen schrill. Alles ist ein wenig überdreht. Und das liegt nicht nur an den Kostümen, die in allen Farben glänzen, glitzern und blenden. Auch die Dialoge sind teilweise rasend schnell. Aber das Timing stimmt ganz genau.
Die lärmige Welt passt zum dekadenten Lebensstil von Jedermann. Matthias Schoch spielt ihn als stolzen, protzigen Zampano und nicht nur seine Gefolgschaft hängt an seinen Lippen, sondern auch das Publikum, das auf der Gerüsttribüne über der Reuss sitzt. Der heimliche Star des Abends ist jedoch Aaron Hitz, der gleich in mehrere Rollen schlüpft.
Jesuitenkirche als grossartige Kulisse
Die Luzerner Inszenierung zieht das Publikum in ihren Bann. Das ist einerseits der Musik zu verdanken – eine Zirkus-Orgel wechselt zwischen Kirchenmusik, Schlagern, Pop-Klassikern, Filmmusik und Volksliedern hin und her. Andererseits zeigen die rund 50 Laien-Darstellerinnen und Darsteller aus der Region eine enorme Spielfreude. Die Massenszenen haben Schmiss und sind eindrücklich choreographiert.
Und dies alles spielt sich vor der Kirche der Jesuiten ab, jener Ordensgemeinschaft also, die sich zu Armut und Gehorsam bekennt. Es ist eine grossartige Kulisse, die mit dem Einsatz der Lichtregie einmal etwas Festliches, dann wieder etwas Bedrohliches hat.
SRF 1, Regionaljournal Zentralschweiz, 17:30 Uhr