Leiser dank Tempo 30: Wenn der Verkehr anstatt mit 30 mit 50 km/h über die Strasse rollt, bringt das eine deutliche Verbesserung in Bezug auf den Lärm. Langsamere Autos sind in der Regel leiser als schneller fahrende. Bei Lärmschutzmassnahmen an lauten Strassen ist neben Flüsterbelägen oder Lärmschutzfenstern daher auch die Reduktion des Tempos eine Möglichkeit.
Wie viel langsamer: Wenn auf einer Strasse Tempo 30 anstatt 50 signalisiert wird, heisst dies aber nicht automatisch, dass der Verkehr wirklich 20 Stundenkilometer langsamer rollt und deshalb viel leiser ist. Die signalisierte Geschwindigkeit und die effektiv gefahrene Geschwindigkeit gehen nämlich oft auseinander. Vor allem auf viel befahrenen Strassen in Städten ist die reale Durchschnittsgeschwindigkeit viel tiefer. Die erhoffte Lärmreduktion fällt also kleiner aus.
Mit GPS-Daten nachgeprüft: Wie schnell wird auf den Aargauer Kantons- und Gemeindestrassen effektiv gefahren? Das liess Dejan Milo abklären, Sektionsleiter Strassenlärmsanierung beim Kanton. Der Kanton hat von einer Firma einen Datensatz mit über einer Million GPS-Daten gekauft. «Es handelt sich um Auswertungen der Daten von Handys oder Navigationssystemen von Autos. Das Ganze ist anonym. Man weiss nicht, zu wem ein GPS-Signal gehört.»
Die Daten hätten einige 1000 Franken gekostet. Der Aargau ist laut Milo der erste Kanton, der im Zusammenhang mit möglichen Massnahmen gegen Strassenlärm mit solchen Daten arbeitet. Bei Dejan Milo klingelte daher in letzter Zeit oft das Telefon.
Eine 30er-Karte: Die Daten wurden grafisch auf einer Strassenkarte aufbereitet. Für jede Kantons- und Gemeindestrasse ist ersichtlich, wie hoch die effektiv gefahrene Durchschnittsgeschwindigkeit am Tag und in der Nacht ist. Die effektiven Geschwindigkeiten unterscheiden sich zum Teil enorm von den signalisierten. Auf der Aarauer Bahnhofstrasse zum Beispiel rollt der Verkehr tagsüber mit 21 km/h, nachts sind es 34.
«Heute geht man bei der Berechnung immer noch von der signalisierten Geschwindigkeit 50 km/h aus und weist dann eine relative Wirkung aus, wenn 30 gefahren wird. Wir haben das hinterfragt und daher die GPS-Daten gekauft», erklärt Dejan Milo.
Die «30er-Karte» ist nun ein weiteres Hilfsmittel bei der Strassenlärmsanierung. Tempo 30 erlasse man nicht nur, um eine Strasse leiser zu machen, so Milo. Damit eine 50er-Tafel ersetzt wird, müsste die Massnahme etwa Auswirkungen auf die Sicherheit haben und dürfte den öffentlichen Verkehr nicht behindern. «Ich will mich mit diesem Projekt nur auf den Lärm konzentrieren. Damit man Aussagen machen kann: Was bringt es theoretisch, wenn man das Tempo senken würde.»
Beispiel Bahnhofstrasse: Bei der Aarauer Bahnhofstrasse, wo der Verkehr im Durchschnitt nur mit 21 Kilometern in der Stunde rollt, wäre eine Temporeduktion von 50 auf 30 deshalb laut Milo nicht sinnvoll in Bezug auf eine Lärmreduktion, weil es gar nichts bringen würde. «Das Schlimmste wäre, wenn wir versprechen würden, dass es 3 bis 4 Dezibel leiser wird, wenn wir umsignalisieren – und am Ende wird es nur ein halbes Dezibel leiser oder gar nicht.»