Zum ersten Mal überhaupt reisen in diesen Tagen sechs britische Soldatinnen nach St. Moritz. Sie treten bei den «Inter Services Championships» (siehe Kasten) an. Eine Premiere, denn seit 1929 ist der Eiskanal für Frauen verboten. Nur Männer ab 18 dürfen sich auf den Cresta Run wagen, hält die Club-Website unmissverständlich fest.
Den Sinneswandel erklärt Clubsekretär Gary Lowe mit einer simplen Anfrage der britischen Armee. Der Vorstand habe entschieden «to let them bring the ladies». Es sei eine Spezialgenehmigung. Ähnliche habe man in der Vergangenheit ausgesprochen, beispielsweise für Frauen von Clubmitgliedern.
Massiver Druck hinter den Kulissen
SRF-Sportredaktor Marcel Melcher kommt aus St. Moritz, ist langjähriger Cresta Rider und Club-Mitglied. 1979 gewann der damals 19jährige das prestigeträchtige Rennen «Grand National».
Seine Quellen hätten ihm bestätigt, dass letztes Jahr ein Drei-Stern-General Klartext gesprochen habe: Wenn künftig Frauen nicht teilnehmen könnten, sehe sich die Armee nicht mehr in der Lage den Anlass zu finanzieren. «Der Druck der Armee war ziemlich massiv». Es gehe um 50 bis 60 Fahrer, die komplett von der britischen Armee finanziert würden.
Clubsekretär Gary Lowe bestreitet eine solche Drohung, «Wir haben keinen Druck festgestellt, es war eine höfliche Anfrage». Keine Klärung bringt ein Telefonat nach England, die britische Armee schweigt.
Nackt durch die Garderobe
«Not amused» sind laut SRF-Sportredaktor Marcel Melcher einige Mitglieder. Er habe Aussagen gehört wie «Also wenn Frauen hier reinkommen, laufe ich nackt durch die Garderobe». Es sei aber verständlich nach fast 90 Jahren ohne Frauen, dass Widerstand da sei.
Nächsten Montag starten also sechs Frauen zum ersten Mal nach 1929 zu einem Wettkampftraining. Für SRF-Sportredaktor Marcel Melcher ist klar, dass dies auch eine Öffnung für alle Frauen bedeutet. Auch hier widerspricht Gary Lowe seinem langjährigen Clubmitglied – das alles bedeute keine «grössere Veränderung».
SRF 1, Regionaljournal Graubünden, 17:30