Das Historische und Völkerkundemuseum in St. Gallen war letzte Woche schweizweit in den Schlagzeilen. Der Grund: Das Museum hatte in seiner Sammlung Nazi-Raubkunst gefunden. Konkret zwei Silberpokale, welche den Erben der Besitzerin in der Zwischenzeit zurück gegeben wurden.
Diese beiden Pokale sind jedoch nur zwei von rund 70 000 Objekten im St. Galler Museum. Der grösste Teil sind Objekte aus der Völkerkunde, aus Afrika zum Beispiel, Südamerika oder Ozeanien. Seit sieben Jahren ist das Museum dabei, die Herkunft der Objekte zu erforschen, herauszufinden, welche Geschichten sie erzählen, über die Menschen, die Völker.
Keine heiklen Objekte in Sammlung
Ein erster Überblick zeigt: All diese Objekte sind keine Raubkunst. Ihre Geschichte ist jedoch noch lange nicht zu Ende erzählt. Die Aufarbeitung gestaltet sich teils als aufwändig, Dokumente zu finden ist schwierig - auch wenn im Zeitalter der Digitalisierung vieles einfacher geworden ist, wie der St. Galler Provenienzforscher Peter Müller sagt.
Wichtig sei es, sich regelmässig mit anderen Sammlern und Forschern in anderen Ländern auszutauschen, Fachtagungen zu besuchen, mal ein Foto eines Objektes zu mailen, um die Geschichten aufarbeiten zu können. «Am Anfang steht immer die Person, welche dem Museum ein Objekt, eine Sammlung geschenkt hat. Daraus entsteht ein Netz an wichtigen Informationen und am Ende eine Geschichte», so Müller. Eine Geschichte, die jedoch nie zu Ende erzählt sei, da jederzeit neue Informationen und Dokumente auftauchen können.
In jedem Fall sei es aber wichtig sich zu fragen, warum das Museum das Objekt besitze, ob es Sinn macht als Teil der Sammlung - oder warum eben nicht.
Auch schon Objekte abgelehnt
Und auch wenn die Gesetze und Kriterien, für die Annahme oder den Kauf eines Objektes heute strenger seien, in St. Gallen habe man sich schon früher Gedanken dazu gemacht und Objekte auch schon abgelehnt, erzählt Müller. 1920 zum Beispiel, als der Museumsdirektor die Uniform eines im Herero-Aufstand gefallenen Offiziers nicht wollte - aus ethischen Gründen und weil er einen solchen barbarischen Völkermord nicht dokumentieren wollte.
Und heute, würde das Museum gleich entscheiden? «Das gäbe sicherlich Diskussionen», sagt Müller. Denn auch die Uniform würde eine Geschichte erzählen. Eine Geschichte über dier Völker auf dieser Welt, die wie alle Geschichten im Museum nie ganz zu Ende erzählt ist.