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Rap und Chanson aus Bern Baze und Serej sind erwachsen geworden

Vor 20 Jahren haben die Berner Baze (38) und Serej (41) den Soundtrack für die junge Generation geliefert. Baze als Solo-Künstler, Serej als Teil von «Wurzel 5» und beide als Mitglied des «Chlyklass»-Kollektivs, einem Zusammenschluss von Berner Rappern. Vor Kurzem haben Baze und Serej je ein neues Album herausgegeben. Sie klingen total unterschiedlich.

SRF: Serej, Ihr neues Album ist nicht etwa Rap, sondern eher Chanson. Weshalb dieser Wechsel?

Serej: Von mir aus gesehen sind das nicht zwei total andere Welten. Nach dem Projekt mit «Wurzel 5», das wir 2010 begraben haben, habe ich mich mit dem Klavierspielen beschäftigt. Vor etwa eineinhalb Jahren habe ich diese Stücke von damals wieder hervor genommen und gemerkt, dass sie Substanz haben und mir Spass machen.

Baze, Sie sind stilistisch nicht weit weg von ihrer Musik von früher, es ist sphärischer Rap – musikalisch und textlich sehr anspruchsvoll. Aber man hat das Gefühl, Sie haben heute einen anderen Blick aufs Leben?

Baze: Ich glaube, das ist eine normale Entwicklung: Je älter man ist, desto mehr hat man erlebt, umso mehr Erfahrung hat man gemacht. Deshalb muss man ja nicht unbedingt künstlerisch reifer werden. Natürlich schaue ich das Leben jetzt anders an, als noch vor 15 Jahren. Dann interessiert man sich halt auch für andere Themen.

Zuerst mussten wir uns austoben, um jetzt schöne Lieder schreiben zu können.

Ich habe das Gefühl, ich nähere mich immer mehr dem, was ich eigentlich schon immer machen wollte. Aber: Den Anfang mit «Chlyklass» hat es gebraucht. Zuerst mussten wir uns austoben, um jetzt schöne Lieder schreiben zu können.

Liebe, Alltag, Freude, Frust – es sind Themen aus dem Leben, die Sie erzählen – unter anderem im Lied «Roscht».

Baze: Ja, es sind Geschichten, die mich betreffen. Oder mein Umfeld betreffen. Ich kann ja nicht von Dingen erzählen, von denen ich nichts verstehe. Und gerade Liebe ist wahrscheinlich das elementarste aller Dinge: Ohne Liebe gäbe es viel weniger Menschen auf dieser Erde. Sie ist Grundvoraussetzung für das Überleben der Menschheit. Und Liebe in Südamerika unterscheidet sich nicht gross von Liebe in Bern. Eifersucht gibt es überall auf der Welt.

«Du meinsch, me meint, d'Wäut brucht di, (...) viu meh zeut doch, wasi ha», singen Sie, Serej, im Lied «Anyway». Da schwingt eine grosse Portion Gesellschaftskritik mit.

Serej: Ja, es soll sich jeder an der eigenen Nase nehmen. So wichtig ist man als Individuum nicht. Deshalb: Übertreib es nicht, tanze nicht auf allen Hochzeiten, sei mit dem zufrieden, was du hast.

In beiden Alben ist viel Persönliches drin, auch viel Melancholie für einen nebligen Herbsttag. Ist das bei Ihnen beiden der Grundtenor?

Serej: Ich habe nicht das Gefühl. Meine Sachen sind nicht grundmelancholisch, es hat auch lustige, augenzwinkernde Momente drin. Ich möchte mich da nicht in eine Schublade reinquetschen lassen. Ich möchte mir alle Freiheiten lassen. Es soll auch Platz haben für anderes.

Sie beide sind um die 40 Jahre alt. Sind die neuen Lieder eine Art «Bilanz aus der Lebensmitte»?

Baze: Für mich nicht. Ich bin halt jetzt einfach gerade an diesem Punkt. In drei Jahren sieht es wieder anders aus.

Serej: Lebensmitte, ich weiss nicht.

Baze: Laut Statistik sind wir natürlich schon in der Lebensmitte. Aber ich habe die Hoffnung, dass es noch etwas länger geht (lacht).

Das Gespräch führte Matthias Haymoz.

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