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Regierung verordnet Steuerfuss «Wir nehmen es zur Kenntnis, teilen die Einschätzung aber nicht»

Zweimal entschied die Stimmbevölkerung von Wohlen an der Urne über das Budget 2019, zweimal wurde es abgelehnt. Streitpunkt war vor allem die vom Einwohnerrat geplante Steuererhöhung von 110 auf 115 Prozent. Nun hat der Aargauer Regierungsrat der Gemeinde ein Budget verordnet – und dies mit einem Steuerfuss von 110 Prozent. Gemeindeammann Arsène Perroud gibt Auskunft, was dieser Regierungsentscheid bedeutet.

Arsène Perroud

Gemeindeammann Wohlen

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Perroud sitzt seit 2013 für die SP im Gemeinderat von Wohlen, zuvor politisierte er seit 2002 im Einwohnerrat. 2017 wurde er als Ersatz für Walter Dubler zum Gemeindeammann gewählt. Arsène Perroud sitzt seit 2017 ebenfalls im Aargauer Grossen Rat.

SRF News: Der Regierungsrat hat den Steuerfuss der Gemeinde Wohlen auf 110 Prozent festgelegt, beantragt waren 115 Prozent. Sind Sie enttäuscht über diesen Entscheid?

Arsène Perroud: Der Gemeinderat hatte beim Einwohnerrat einen Steuerfuss von 113 Prozent beantragt. Der Einwohnerrat entschied sich aber für 115 Prozent. Wir sind überrascht über den Entscheid der Kantonsregierung. Gemeinde- und Einwohnerrat waren der Meinung, dass sie eine langfristige Finanzpolitik betreiben und dass aufgrund der anstehenden Investitionen eine Steuererhöhung angezeigt ist. Dass der Regierungsrat nun die Situation anders einschätzt und der Meinung ist, dass der Finanzhaushalt der Gemeinde Wohlen so funktioniert, das nehmen wir zur Kenntnis. Diese Einschätzung teilen wir aber nicht.

Die Begründung der Regierung ist unter anderem, dass die Investitionen noch nicht ausgelöst wurden und dass auch mit dem bestehenden Steuerfuss dieses Jahr ein Plus erzielt wird. Waren Sie einfach zu früh mit der Steuererhöhung?

Die Frage ist, wann man im Sinne einer langfristigen Finanzpolitik mehr Mittel beantragen soll, wenn man weiss, dass die hohen Ausgaben kommen. Die anstehenden Investitionen gehören alle zum Pflichtbedarf.

Die anstehenden Investitionen gehören alle zum Pflichtbedarf.

Wir haben vor allem Investitionen im Schulbereich aufgrund der wachsenden Schülerzahlen – neuer Schulraum, neue Turnhalle. Dazu kommen Investitionen in der Verkehrsinfrastruktur, die wir machen müssen. Es ist kein Wahlbedarf, auf den wir ganz verzichten können.

Was heisst denn das nun für diese Projekte?

Einige Projekte sind bereits im Bau und die Kredite bereits gesprochen. Da hat es ganz sicher keine Auswirkungen. Dann gibt es Projekte, die sich in der Projektierungsphase befinden – konkret Schulraum und Turnhalle, über die demnächst abgestimmt werden kann. Den grössten Einfluss hat der Entscheid auf den Aufgaben- und Finanzplan, der bis im Herbst überarbeitet wird. Dort werden wir sehen, ob wir allenfalls Korrekturen bei Investitonsvorhaben vornehmen können und welche Auswirkungen diese hätten.

Für das Jahr 2019 sind in Wohlen höhere Steuern vom Tisch. Was heisst der Entscheid aber für das Budget 2020?

Der Gemeinderat ist seit April daran, das Budget 2020 vorzubereiten. Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich aber nicht sagen, welche Auswirkungen der Entscheid allenfalls auf das nächste Budget und den Steuerfuss-Antrag hat. Das werden die Diskussionen erst noch zeigen.

In der Medienmitteilung des Regierungsrats steht, dass er sich vorbehalte, bei einem allfälligen erneuten «Gschtürm» um das Budget in Wohlen die Finanzen der Gemeinde ganz genau zu untersuchen. Ist das eine Drohung oder wie interpretieren Sie das?

Ich interpretiere es so, dass der Regierungsrat sehr wohl die Notwendigkeit der Investitionen und des Finanzbedarfs in den kommen zehn Jahren sieht. Und dass er nächstes Jahr ein grösseres Augenmerk darauf legen wird, falls er wieder einen Entscheid fällen muss. Man darf da aber auch fragen, weshalb er dies nicht bereits jetzt tut, wenn die anstehenden Investitionen absehbar sind.

Das Gespräch führte Andreas Brandt.

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