Die Vorwürfe: Anlässlich einer Kontrolle Ende 2017 stellte das Aargauer Veterinäramt in einer Schweinezucht im Ruedertal diverse mutmassliche Verstösse gegen das Tierschutzgesetz fest. Unter anderem seien kranke Tiere nicht richtig behandelt worden, andere hätten zu wenig Licht in ihrem Stall-Abteil gehabt.
Der Vorwurf lautete auf Tierquälerei durch Vernachlässigung. In der Folge wurde der Schweinezüchter per Strafbefehl verurteilt zu einer bedingten Geldstrafe von 20 Tagessätzen à 230 Franken und einer Busse von 900 Franken.
Der Streit: Der beschuldigte Schweinezüchter liess diese Vorwürfe nicht auf sich sitzen und legte Berufung ein gegen den Strafbefehl. Deshalb kam der Fall am Freitag vor das Bezirksgericht Kulm. Im Prozess sparte der Beschuldigte dann nicht mit Kritik an die Adresse des Veterinärdienstes.
Die fast jährlichen Kontrollen in seinem Schweinestall seien «reine Schikane» gewesen. Zudem hätten die Kontrolleure «kaum Erfahrung» in Schweinezucht. Die gegen ihn gerichteten Vorwürfe entkräftete der Angeklagte vor Gericht oder zog sie zumindest in Zweifel.
Der Freispruch: Etwas überraschend hat die Einzelrichterin den Beschuldigten vollumfänglich freigesprochen. Die Ausführungen des Schweinezüchters seien «nachvollziehbar». Er erhält eine Entschädigung. In ihrem mündlichen Urteil kritiserte die Richterin indirekt auch den kantonalen Veterinärdienst.
Tierschutz-Kontrollen müssten sauber protokolliert werden, dies sei im vorliegenden Fall nicht passiert. Zudem hätten die Kontrolleure keine weiteren Abklärungen – zum Beispiel zum Gesundheitszustand der Tiere – unternommen und sich mit einem kurzen Augenschein im Stall begnügt. Damit sei «der Staat seiner Beweispflicht nicht nachgekommen», so die Richterin.
Die Reaktion des Veterinäramts: Auf Anfrage kann die zuständige Leiterin des Amts für Verbraucherschutz nicht zum konkreten Fall Stellung nehmen, denn sie kannte das Urteil am Freitagnachmittag noch gar nicht. Alda Breitenmoser erklärt auf Anfrage aber, man werde allenfalls notwendige Lehren aus dem Urteil ziehen. Ein generelles Problem sieht sie nicht: Im Normalfall würden Strafbefehle wegen Tierquälerei akzeptiert, Weiterzüge ans Gericht und vor allem Freisprüche seien selten.
Die Aargauer Tierschutzkontrolleure seien gemäss Bundesvorgaben ausgebildet. Alle seien ausgebildete Agronomen, Tierärzte oder Biologen. Häufigere Kontrollen gebe es nur bei Tierhaltern, die zuvor schon negativ aufgefallen seien.