Auch fünf Monate nach dem Auffliegen der Fälle von Wahlfälschung kommt die Walliser Politik nicht zur Ruhe. Wie am Donnerstag bekannt wurde, hat die CSP Oberwallis beim Kantonsparlament eine Beschwerde eingereicht.
«Wir fühlen uns schon um einen Sitz betrogen», sagt Alex Schwestermann, Präsident der Christlichsozialen Volkspartei Oberwallis auf Anfrage. Für ihn ist besonders ärgerlich, dass die Behörden von Brig und Naters nach dem ersten Wahlgang und den Grossratswahlen die Wahlfälschung nicht öffentlich machten. Die CSPO hätte damit die Wahlresultate sofort anfechten können, sagt Schwestermann.
Wir fühlen uns um einen Sitz betrogen.
Das will die CSPO nun nachholen und hat eine Beschwerde beim Walliser Grossen Rat eingereicht. Sie verlangt eine Neuverteilung der Sitze, sobald die Resultate der Strafuntersuchung vorliegen. Die Beschwerde soll demnächst von der Justizkommission, der auch Schwestermann als CSP-Grossrat angehört, geprüft werden.
Couverts aus Briefkästen gefischt
In den Oberwalliser Gemeinden Brig, Visp und Naters wurden Wahlunterlagen aus Briefkästen von Stimmberechtigten gefischt. Die Betroffenen bemerkten dies, als sie bei den Gemeinden angaben, dass sie keine Stimmcouverts erhalten hätten. Dort mussten sie feststellen, dass in ihrem Namen bereits abgestimmt worden war. Die Walliser Justiz verhaftete Mitte Juni den mutmasslichen Täter, einen 30-jährigen Oberwalliser, der sich damals in den Reihen der SVP befand. Der Mann soll geständig sein. |
«Allerdings braucht es dafür aus meiner Sicht ein vollumfängliches Geständnis des mutmasslichen Täters, dass er nur SVP-Listen eingelegt hat», sagt Schwestermann. Ansonsten bleibt offen, für wen der mutmassliche Täter gestimmt hat. Ihm können voraussichtlich nur identische Unterschriften auf Stimmrechtsausweisen nachgewiesen werden.
Neuwahlen schliesst die CSP Oberwallis aus, sie verlangt jedoch eine erneute Auszählung und eine Neuverteilung der Sitze. «Das hängt nun vom Ausgang der Strafuntersuchung ab», sagt Alex Schwestermann. «Und wenn sich der Grosse Rat nicht bewegt, dann wird das ein Thema bei den nächsten Wahlen.»
Einschätzung von Wallis-Korrespondentin Priska Dellberg
Die Wahl zu Wiederholen wird kaum möglich sein. Viele Juristen sagen, das ginge nicht, weil die Beschwerdefristen ungenutzt verstrichen sind. Das Parlament wurde rechtskräftig vereidigt und nicht etwa unter Vorbehalt – das kann man nicht einfach so rückgängig machen. Abgesehen von den rechtlichen Fragen: Eine Wiederholung würde ebenfalls ein gefälschtes Bild wiedergeben: Einige würden vielleicht gar nicht mehr an den Wahlen teilnehmen, andere hingegen erst recht; junge Neuwähler kämen hinzu, Alte wären mittlerweile gestorben. Es wäre also gut möglich, dass bei einer Wiederholung der Wahl ein ganz anderes Ergebnis resultieren würde. Dieses würde dann auch nicht den Volkswillen vom März 2017 spiegeln. Priska Dellberg ist seit 2015 Korrespondentin von Radio SRF im Wallis. |