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Rossinis «Turco» im Opernhaus Konsequent bis zum Weichspüler in der Waschküche

Die Geschichte ist banal. Da setzt eine frustrierte Ehefrau ihrem langweiligen Mann Hörner auf, dieser rächt sich reichlich hilflos, dazu kommen eine verstossene Geliebte und ein verschmähter Ex-Lover.

Szene aus «Il turco in Italia» Zürcher Opernhaus
Legende: Hans Jög Michel

Rossini hat seinem «Il turco in Italia» aber noch ein bisschen Pfeffer untergemischt, einerseits durch einen damals ziemlich exotischen Türken, andererseits durch einen erfolglosen Dichter, der auf der Suche nach einer guten Geschichte ist. In der Inszenierung von Jan Philipp Gloger trägt der Türke Adidas-Trainerhosen und der Dichter wird zum Dokumentarfilmer.

Szene aus «Il turco in Italia» Zürcher Opernhaus
Legende: Hans Jörg Michel

Und beide wohnen Tür an Tür in einem modernen Wohnblock. Dieser Wohnblock ist ein technisches Meisterwerk: Völlig geräuschlos dreht er sich und gibt den Blick in immer wieder andere Räume frei. Nahtlos geht es von Raum zu Raum, von Szene zu Szene. Und das ganze Opernpersonal bewegt sich darin so locker und natürlich, dass man das Gefühl hat, man sehe eine Fernsehvorabendserie und nicht eine Oper.

Leere Operngesten gibt es nicht

Julie Fuchs und Nahuel Di Pierro sind das Traumpaar im Zürcher Opernhaus. Sie, sehr hübsch und mit einer klaren, leichten Stimme. Er, gutaussehend und mit einem Bass, der zwar dunkel sein kann, aber in den Koloraturen auch wunderbar leicht. Und nicht nur stimmlich sind die beiden grossartig, auch szenisch.

Szene aus «Il turco in Italia» Zürcher Opernhaus
Legende: Hans Jörg Michel

Genau wie das ganze Ensemble. Der Regisseur Jan Philipp Gloger gibt jeder Figur ein ganz präzises Gesicht. Leere Operngesten gibt es nicht, er zeigt Menschen von heute, mit denen sich das Publikum identifizieren kann. Denn auch wenn der Türke nicht mehr mit dem Säbel rasselt und auch keinen Turban mehr auf dem Kopf hat, die Missverständnisse zwischen den Kulturen und auch die Ängste, die sind immer noch da.

Szene aus «Il turco in Italia» Zürcher Opernhaus
Legende: Hans Jörg Michel

So nimmt denn auch das harmlose Spiel auf der Bühne eine unschöne Wende, ausländerfeindliche Plakate kleben plötzlich an den Wänden und der vermeintlich harmlose Dokumentarfilmer ist alles andere als harmlos.

Wenn die Champagnerperlen fehlen

Beim letzten «Turco» im Zürcher Opernhaus vor 17 Jahren drehte sich alles um Cecilia Bartoli. Sie war der unumstrittene Star. In der neuen Produktion steht ein sehr homogenes Ensemble auf der Bühne. Niemand sticht heraus, niemand fällt ab. Völlig unauffällig ist auch das Orchester unter der Leitung von Enrique Mazzola. Etwas schwerfällig wirkt die Ouvertüre, etwas verwackelt sind einzelne Bläserakkorde und bei den hohen Streichern könnte man sich durchaus ein paar Champagnerperlen mehr wünschen. Damit die Musik von Gioachino Rossini so richtig prickelnd wird.

SRF 1, Regionaljournal Zürich Schaffhausen; 17:30 Uhr; kerf

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