- Es ist ein einmaliges Ereignis innerhalb der Katholischen Kirche des Aargaus: Der Präsident der Landeskirche verlangt öffentlich den Rücktritt eines Kirchenpflegepräsidenten.
- Dahinter stehen unterschiedliche Auffassungen darüber, was rechtlich gilt in der Katholischen Kirche.
- Es geht um einen Priester und dessen Rolle in der Kirchgemeinde.
Es ist eine komplizierte Geschichte: In Gebenstorf-Turgi wirkt seit 20 Jahren als Gemeindeleiter ein Diakon. Und seit fünf Jahren ist ein Pater, ein geweihter Priester, für die Seelsorge zuständig.
Dieser kam über einen persönlichen Kontakt mit der Kirchenpflege nach Gebenstorf-Turgi. Der vorherige Priester war vom Bistum abberufen worden. Der Bischof wollte den Pater aus diversen Gründen nicht als Seelsorger anstellen in Gebenstorf-Turgi. Die Kirchenpflege wollte ihn aber unbedingt.
Der Kompromiss: Der Pater wurde angestellt. Aber in seinen Arbeitsvertrag schrieb man, dass ihm die Kirchenpflege kündigen müssen, falls der Diakon die Kirchgemeinde verlassen sollte.
Dieser Fall ist nun tatsächlich eingetreten. Der Diakon hat gekündigt. Für den Präsidenten der Landeskirche, Luc Humbel, ist klar, dass nun auch der Vertrag mit dem Pater aufgelöst werden muss. Doch dieser will bleiben. Und der Präsident der Kirchenpflege Gebenstorf-Turgi, Daniel Ric, steht hinter ihm.
Was heisst konservativ?
Die Situation ist nicht erst seit dem Abgang des Diakons schwierig. Der Pater und der Präsident der Kirchenpflege werden von Teilen des Kirchenvolkes als konservativ wahrgenommen. Daniel Ric sagt auf Anfrage, er halte sich einfach an das geltende Recht der Katholischen Kirche, nicht mehr und nicht weniger. Entsprechend gestalte man die Seelsorge in der Gemeinde.
Jene, die Kritik an dieser Haltung üben und nicht einverstanden seien damit, wie man in Gebenstorf-Turgi die Eucharistie feiere, seien jene, die selten bis nie an Anlässen der Kirchgemeinde teilnehmen würden, erläutert Daniel Ric weiter.
Luc Humbel, Präsident der Landeskirche Aargau, sagt auf Anfrage, die Katholische Kirchgemeinde Gebenstorf-Turgi sei tief gespalten. Etliche Mitglieder seien ausgetreten. In seiner Mitteilung schreibt er, es habe schon viele Gespräche und Schlichtungsversuche gegeben. Das sei aber erfolglos geblieben. Deshalb brauche es einen Neuanfang, der Kirchenpflegepräsident müsse zurücktreten.
Ein Gutachten soll Klarheit schaffen
Daniel Ric betont, er verschliesse sich dieser Forderung nicht grundsätzlich. Er habe das Amt als Präsident der Kirchenpflege vor 10 Jahren übernommen, weil sich niemand sonst dafür zur Verfügung gestellt habe. Wenn jemand ernsthaft Kirchenpflegepräsident werden wolle und integrativ wirken könne, sei er offen für ein Gespräch. Aber von den Kritikern habe sich noch keiner um das Amt beworben.
Zum Arbeitsvertrag mit dem Pater sagt Daniel Ric, dass die darin enthaltene Kündigungs-Klausel wohl gar nicht gültig sei. Das kläre man nun mit einem juristischen Gutachten ab. Nach dem Kirchenrecht sei es einfach so, dass nur ein geweihter Priester die Gemeinde leiten könne, niemand sonst. Und das sei der Pater.