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Rüge an Gemeinde Grindelwald hat Bauregeln ignoriert

Regierungsstatthalter Martin Künzi übt scharfe Kritik am Gemeinderat von Grindelwald. Dieser habe in etlichen Bauverfahren teils gravierende Fehler begangen und Kompetenzen überschritten. Der Gemeindepräsident gibt personelle Wechsel als Grund an.

  • In Grindelwald gab es rechtswidrige Vereinbarungen zwischen Gemeinde und Bauherren.
  • Der Golfplatz mit einer 9-Lochanlage wurde ohne planungsrechtliche Grundlagen und Baubewilligungen gebaut und erweitert.
  • Die Gemeinde hat es verpasst , Strafanzeigen einzureichen.
  • Gemeindepräsident Christian Anderegg (SVP) erhält einen disziplinarischen Verweis.
  • Laut Gemeindepräsident Anderegg haben die vielen personellen Wechsel in der Bauverwaltung zu den Nachlässigkeiten geführt. Vieles sei vor seiner Zeit entschieden worden.
  • Zwei Frauen aus Grindelwald hatten den Fall ins Rollen gebracht.

Der Regierungsstatthalter will mit dem Verweis für Gemeindepräsident Christian Anderegg (SVP) dafür sorgen, «dass sich der Gemeindepräsident künftig nicht mehr in baupolizeiliche Angelegenheiten einmischt und seine Funktionen als Behördenmitglied und Bauunternehmer klar trennt».

Auf weitere Massnahmen verzichtet der Statthalter des Verwaltungskreises Interlaken-Oberhasli, weil es seit Beginn der aufsichtsrechtlichen Untersuchung im Herbst 2015 zu personellen Wechseln in Gemeinderat und Verwaltung gekommen sei.

«Ablasshandel» und weitere Fälle

Die Untersuchung beschloss Künzi, weil er mit einer aussergewöhnlich hohen Zahl von baupolizeilichen Fällen in Grindelwald konfrontiert war. Viele Fälle hätten mittlerweile bereinigt werden können.

Häuser an einem Hang
Legende: In Grindelwald hielten sich die Behörden nicht an die Regeln. Keystone

Künzi nennt konkrete Fälle, bei denen er eingeschritten ist. So hob er eine rechtswidrige Vereinbarung des Gemeinderats mit einer Bauherrschaft aus dem Jahr 2013 auf.

Der damalige Gemeinderat habe sich auf einen «Ablasshandel» eingelassen: Er habe auf eine Strafanzeige für den unbewilligten Abbruch und Wiederaufbau eines Weidhauses verzichtet. Diesen Gefallen habe er sich mit 15'000 Franken entschädigen lassen.

In einem anderen Fall habe die Gemeinde die Umnutzung einer neu erstellten landwirtschaftlichen Angestelltenwohnung in eine unbewirtschaftete Zweitwohnung bewilligt. Dabei sei die Bauherrschaft im Baubewilligungsverfahren sogar noch darauf hingewiesen worden, dass die Umnutzung nicht statthaft sei.

Der Regierungsstatthalter: Strafanzeige eingereicht

Besonders krass war für Künzi ein Fall, bei dem er die Baupolizeibehörde von Grindelwald vergeblich aufforderte, Strafanzeige wegen eines unbewilligten Abbruchs und Wiederaufbaus einzureichen. Künzi reicht diese Strafanzeige nun selber ein.

Der Gemeindepräsident: «Zu viele Wechsel in der Verwaltung»

Der amtierende Gemeindepräsident Christian Anderegg sagt, es habe in der Bauverwaltung enorm viele Wechsel gegeben in den letzten Jahren. «Das eine oder andere wurde deshalb nicht weiterbearbeitet oder ist unterblieben.» Zudem gingen viele Fälle zurück auf Gemeinderäte vor seiner Zeit. «Ich bin der letzte Gemeinderat aus dieser Zeit, der noch im Amt ist. Den letzten beissen die Hunde», sagt Anderegg.

Die Kritikerinnen: «Das ganze hat System»

Angestossen haben die Untersuchung durch den Regierungsstatthalter zwei Frauen aus Grindelwald. Sie hatten beobachtet, dass gewisse Häuser zu gross gebaut wurden. Ihre Beschwerden bei der Gemeinde hätten aber nichts bewirkt. «Irgendwann haben wir gemerkt, dass es System hat. Da haben wir uns an den Regierungsstatthalter gewendet», sagt Verena Tellenbach. Den Grund für die laxe Praxis sieht sie in der Nähe der Politik zur Bauwirtschaft in Grindelwald.

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