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SAR-Prozess in Lenzburg Millionenbetrug mit Luxusautos vor Gericht

Nach jahrelangen Ermittlungen startet der Prozess um die Firma SAR Premium Cars aus Dintikon. Es geht um Auto-Leasing.

Die Ausgangslage: Stellen Sie sich vor, Sie könnten ein teures Luxusauto fahren. Dabei bezahlen Sie eine sehr tiefe Leasingrate und Sie können das Auto erst noch jederzeit wieder zurückgeben. Mit diesem Angebot lockte die SAR Premium Cars in Dintikon ihre Kunden an. Und Dutzende profitierten davon in den Jahren 2007 bis 2011. Der Autohändler konnte aber mit diesem Geschäftsmodell auf lange Sicht nicht überleben. Deshalb hat er über Jahre die Leasinggesellschaften betrogen – so lautet zumindest der Vorwurf der Staatsanwaltschaft, wie aus ihrer Anklageschrift hervorgeht.

Der harte Fall: Im Frühling 2011 flog die ganze Sache auf. Die Finanzierungsfirma der Fiat-Gruppe (damals Fidis, heute FCA Capital) transportierte alle Fahrzeuge vom Verkaufsplatz der SAR in Dintikon ab und reichte eine Strafanzeige ein. Kurz darauf wurde der Konkurs über den Autohändler verhängt. Er hatte zu diesem Zeitpunkt Schulden in Millionenhöhe bei Fidis.

So funktioniert Leasing

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Werbeaufkleber für Leasingangebote auf einem Auto bei einem Händler
Legende: Keystone (Symbolbild)

Der Autohändler verkauft sein Fahrzeug an die Finanzierungsfirma. Diese wiederum schliesst einen Leasingvertrag mit dem Kunden, also mit dem Autobesitzer, ab. Das Fahrzeug gehört jedoch während der ganzen Leasingdauer der Finanzierungsfirma.

Wenn der Leasingvertrag aufgehoben wird, dann muss der Autohändler das Fahrzeug wieder zurückkaufen, zu einem im Vorfeld festgehaltenen «Restwert». Dieser muss - will der Autohändler am ganzen Deal noch etwas verdienen - unter dem Marktwert des Fahrzeuges liegen.

Die Leasingrate für den Kunden bzw. Autofahrer wiederum berechnet sich aus der geleisteten Anzahlung, der Laufzeit des Vertrages und dem Restwert. Eine sehr tiefe Leasingrate ist also nur möglich, wenn der Kunde eine grosse Anzahlung leistet, den Vertrag über sehr lange Zeit abschliesst und/oder der Restwert sehr hoch berechnet ist.

Unmögliches Konstrukt: Denn das Problem für einen Autohändler ist: Wenn ein Kunde sein Fahrzeug zurückgibt und den Leasingvertrag auflöst, dann muss der Händler das Fahrzeug von der Finanzierungsgesellschaft zurückkaufen. Dazu fehlte SAR Premium Cars aber sehr bald das Geld, wie die Staatsanwaltschaft ausführt – weil eben die Leasingraten für die Kunden viel zu tief waren.

Autos doppelt verkauft: Um weiterhin «flüssig» zu bleiben, wandte der Autohändler gemäss Anklage diverse Betrügereien an. So verschwieg er, wenn Kunden ihren Leasingvertrag aufhoben. Er bezahlte die Raten selber weiterhin ein, damit die Finanzierungsgesellschaft nichts merkte. Gleichzeitig verkaufte er das Fahrzeug an einen neuen Kunden – und schloss für diesen einen zweiten Leasingvertrag mit der gleichen Finanzierungsfirma ab. Er hatte das Fahrzeug also doppelt verkauft.

Lange Ermittlungen: Am Montag beginnt der Prozess vor dem Bezirksgericht Lenzburg. Angeklagt ist ein heute 47-jähriger Schweizer. Die Ermittlungen zum Fall haben sechs Jahre gedauert, die Akten füllen 376 Bundesordner. Allein die Anklageschrift ist 355 Seiten dick. Die Staatsanwaltschaft hat Hunderte von einzelnen Geschäftsvorgängen rekonstruiert. Sie brauchte dafür sogar zusätzliches Personal. Im Jahr 2012 wurde dies vom Kantonsparlament bewilligt.

Langes Sündenregister: Insgesamt zählt die Staatsanwaltschaft 89 veruntreute Fahrzeuge, bei 50 Fahrzeugen habe der Angeklagte gewerbsmässig betrogen. Zudem habe er in 191 Fällen Urkunden gefälscht, zum Beispiel Unterschriften von Kunden oder Fahrzeugausweise. Bereits 2008 hätte der Angeklagte merken müssen, dass sein Geschäftsmodell in den Ruin führt, findet die Staatsanwaltschaft. Doch der Autohändler habe die Bilanz seiner Firma gefälscht und seine Aktivitäten sogar noch ausgebaut – also noch mehr Luxuskarossen zu sehr tiefen Leasingraten angeboten. Erst 2011 merkten die Kunden von SAR Premium Cars, dass der Traum vom besonders günstigen Luxusauto eben doch nur ein Traum ist.

Lange Anklage: Nun fordert die Staatsanwaltschaft vor Gericht eine Verurteilung wegen Misswirtschaft, Betrugs, Urkundenfälschung und Veruntreuung. Die Deliktsumme soll insgesamt rund 17 Millionen Franken betragen. Die Strafanträge werden erst vor Gericht bekannt. Der Prozess soll zwei Wochen dauern.

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