SRF: Herr Bänteli, Sie veröffentlichen diese Woche zwei Bände über die Schaffhauser Baugeschichte des Mittelalters. Dies, nachdem sie sich mehr als 40 Jahre als Archäologe sehr stark mit der Schaffhauser Altstadt beschäftigt haben. Warum ist ihnen das nie verleidet?
Kurt Bänteli: Als wir 1982 beim Umbau einer Liegenschaft mit der ersten Grabung anfingen, glaubten wir zu wissen, wie die Stadt im Mittelalter aussah. Die Historiker hatten ja zuvor alles aufgeschrieben. Bei unseren Grabungen stiessen wir dann aber immer wieder auf komplett neue Informationen. Tatsache war: Ausser beim Kloster Allerheiligen hatte man bis dahin nie irgendwo in der Altstadt gegraben. Das hat mich fasziniert.
Indem sie auch Latrinen erforschten?
Natürlich. Gerade weil wir zu Beginn der Grabungen so wenig wussten, merkten wir zuerst nicht mal, dass es Latrinen waren, auf die wir stiessen. Die wurden dann aber sehr wichtig, weil sie für uns Mittelalter-Archäologen richtige Schatzgruben sind, gefüllt mit Überbleibseln der Bewohner aus früheren Jahrhunderten.
Was macht denn die Schaffhauser Altstadt überhaupt interessant für Archäologen? Sind es die vielen Klöster, die es hier gab?
Als Schaffhausen gegründet wurde, gab es gerade mal acht Städte in der Schweiz. Die adlige Familie der Nellenburger baute mit Schaffhausen eine extrem grosse Stadt für damalige Verhältnisse. Das zeigt sich bis heute, indem Schaffhausen eine der grössten Altstädte überhaupt in der Schweiz hat, wo es viel zu erfahren gibt.
Und wo man heute noch geheime unterirdische Gänge zu entdecken glaubt?
Es gibt wahnsinnig viele Legenden. Und es ist ein vielleicht etwas trauriger Aspekt der Archäologie, dass wir solche Sagen und Legenden häufig entzaubern müssen. Die Gerüchte um unterirdische Gänge kommen daher, dass früher viele Keller wie zum Beispiel in der Berner Altstadt von der Strasse her über steile Treppen zugänglich waren. Davon zeugen heute noch viele vermauerte Kellerwände. Das gleiche gilt für gemauerte Kanalisationen aus früheren Jahrhunderten. Die kamen bei Bauarbeiten verschiedentlich zum Vorschein, worauf man schnell von unterirdischen Geheimgängen sprach.
Ist Schaffhausen denn fertig entdeckt? Oder was gibt es noch zu finden?
Was uns immer noch fehlt, ist ein Münzschatz der Nellenburger. Unsere Stadtgründer hatten ja das Münzrecht. Aber es gibt bis heute keine Münze, die man den Nellenburgern zuweisen kann. Wenn man in Schaffhausen mal einen solchen Topf mit Nellenburger-Münzen finden würde, wäre das schon sehr spektakulär.
(ster; Regionajournal Zürich Schaffhausen, 12:03 Uhr)