In Hausen bei Brugg entscheidet am 7. März die Gemeindeversammlung über das Schicksal des historischen Dahli-Hauses, in Kölliken sucht eine Initiativgruppe Geld für den Erhalt einer Hochstudscheune: Alte Gebäude in Dorfzentren sind ein Thema in der ganzen Region. Auch in Wohlen diskutierte man jahrelang über das Schicksal des «Schlössli». Das älteste Gebäude der Freiämter Gemeinde war in einem desolaten Zustand - jetzt ist es gerettet.
Das Schlössli wurde saniert und komplett umgebaut. Es soll künftig öffentlich genutzt werden. Private können es für Anlässe mieten, eine Betriebskommission organisiert kulturelle Anlässe. «Dieses Haus tut der Seele von Wohlen gut. Wohlen hat keine historische Altstadt, in den Boomjahren wurde viel kaputt gemacht», sagt der Historiker Fabian Furter vom Verein Schlössli.
Das Schlössli existiert in seiner heutigen Form seit 1546. Der Kern des Gebäudes ist noch älter und stammt vermutlich aus dem 12. oder 13. Jahrhundert. Das Haus wird in historischen Schriften als einziges gemauertes Gebäude im Dorf erwähnt.
Es war der Sitz der lokalen Herrscher, der «Herren von Wolen». Dieses niedere Adelsgeschlecht diente den Habsburgern. Ein - angepasstes - Familienwappen wird künftig an der Mauer des «Schlössli» an diese Geschichte erinnern.
Ursprünglich wollte der letzte Besitzer das Gebäude abreissen. Über Jahrzehnte war es zerfallen, wurde von armen Familien oder Asylsuchenden bewohnt. Doch eine Gruppe von Wohlerinnen und Wohlern wehrte sich, gründete einen Verein und wollte aus dem Gebäude ein Ortsmuseum machen.
«Vor allem ging es darum, das Gebäude zu schützen», sagt Fabian Furter heute. Das Projekt Ortsmuseum sei nie wirklich breit akzeptiert gewesen und auch zu teuer. «Aber der Verein hat sein Hauptziel erreicht: Das Gebäude blieb stehen.»
Seit 2011 engagiert sich der Verein Schlössli Wohlen für das Gebäude. Das Nutzungskonzept ist neu: Ein öffentlich zugänglicher Ort soll entstehen, möglichst vielfältig nutzbar. Dabei gab es bauliche Hürden zu überwinden.
Zwei Brände hatten das Dach und die Zwischendecken im Haus zerstört, nur noch die Grundmauern blieben erhalten. Deshalb haben sich Architekt und Verein dazu entschlossen, das Gebäude «auszuhöhlen». So ist der Blick auf die historischen Mauern frei. Die gesamte Technik steckt in einem «Möbel» im Rauminnern, auf der Holzkonstruktion ist auch eine Galerie vorhanden.
Die kantonale Denkmalpflege sei dem Projekt zuerst kritisch begegnet, erzählt Fabian Furter. Doch schliesslich hätten die Experten eingesehen, dass nur noch die Mauern des Hauses zu retten seien. Das habe man so konsequent wie möglich gemacht: «Die spätmittelalterliche Mauer hat fast vierzig Öffnungen», so Furter. Alle ursprünglichen Fenster sind auch im neuen Gebäude erhalten. «Diese vermeintlich zufälligen Öffnungen wirken fast wie moderne Architektur.»
Der rund 10 mal 10 Meter grosse Raum ist multifunktional eingerichtet. Eine fahrbarer Schachtlift bringt Tische und Stühle aus dem Keller in den Saal und dient gleichzeitig als kleine Bühne, auch eine Leinwand ist an der historischen Mauer montiert.
Das Schlössli soll zu einem Treffpunkt werden, aber nicht zu einer grossen Konkurrenz für bestehende Kulturlokale wie den Sternensaal, betonen die Verantwortlichen.
Das Konzept des Vereins Schlössli hat Öffentlichkeit und Geldgeber überzeugt: Die notwendigen 900'000 Franken kamen zusammen. Die Ortsbürgergemeinde beteiligt sich mit 400'000 Franken am Umbau. Auch die Einwohnergemeinde steuert 100'000 Franken bei. «Das grenzt an ein Wunder», hält Fabian Furter mit Blick auf die finanzpolitischen Debatten in der Freiämter Zentrumsgemeinde fest. Dazu kommen Stiftungen und nicht zuletzt 180 private Sponsoren. Ein Bankkredit deckt den Rest.
Die alten Mauern im Dorfkern von Wohlen haben dank Engagement und mutigen Ideen also überlebt. Ab Samstag soll jetzt auch innerhalb der Mauern neues Leben einkehren - dann wird das Schlössli für das Publikum geöffnet.
Fabian Furter freut sich, dass Wohlen den Erhalt seines ältesten Gebäudes geschafft hat. «Diese historischen Mauern speichern lokale Geschichten. Jetzt wird das ein öffentliches Haus und alle sind eingeladen, weitere Geschichten in diese Mauern zu tragen.»