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Schuhmacherin hört auf 111-jährige Familientradition in Menznau geht zu Ende

Frieda Fölmli hat die Schuhmacherei in den 1980er-Jahren von ihrem Vater übernommen. Jetzt geht sie in Pension.

Die Hauptstrasse zwischen Menznau und Willisau ist nicht gerade eine weltberühmte Einkaufsstrasse – aber wer denkt, dass es in einem Schuhgeschäft dort verschlafen zu- und hergeht, der täuscht sich. Regelmässig tröpfelt Kundschaft in das kleine Ladenlokal «Gangart Fölmli». Frieda Fölmli bedient – und übergibt an eine Angestellte, als sie schon wieder am Telefon verlangt wird.

Dann führt sie hinüber zur Werkstatt, atmet tief durch und sagt: «Es ist Ausnahmezustand».

Eine Frau mit kurzen grauen Haaren und Brille. Sie trägt eine blaue Schürze und steht in einer Schumacherei.
Legende: Von Haus aus gelernt: Frieda Fölmli stammt aus einer Schuhmacher-Familie. SRF/Markus Föhn

Ausnahmezustand. Ende Februar ist Schluss mit der Schuhmacherei, seit einigen Monaten läuft bereits der Ausverkauf. Es gibt viel zu tun, viel zu überlegen – und dann ist heute auch Frieda Fölmlis 64. Geburtstag: Die Schumacherin erreicht offiziell ihr Pensionsalter.

Grossvater gründete den Betrieb bereits 1909

Über 30 Jahre hat Frieda Fölmli in der Werkstatt in Menznau Schuhe neu besohlt, hat Absätze ausgewechselt, Reissverschlüsse genäht. Wie zuvor ihr Vater und vor ihm ihr Grossvater, der 1909 seinen Betrieb gegründet hatte.

Wie geht es einem da, mit dieser ganzen Geschichte im Rücken, und dem Wissen, dass sie bald zu Ende sein wird? «Wenn mich die Leute das fragen, dann sage ich jeweils, dass ich selber nicht weiss, was in mir vorgeht», sagt Frieda Fölmli. «Es gibt im Moment einfach viel zu tun. Aber natürlich: Auf der einen Seite ist da Erleichterung, dass ich bald etwas kürzertreten kann. Und auf der anderen verspüre ich Wehmut, dass ich die 111-jährige Geschichte nun beende, die meine Vorfahren begonnen haben.»

Eine Frau in einer Männerdomäne

Frieda Fölmli hatte ursprünglich nicht vor, den Betrieb des Vaters zu übernehmen, es waren andere Dinge, die sie interessieren. Erst zu Beginn der 1980er-Jahre beschloss sie, die Familientradition fortzuführen, machte mit 25 noch eine Schuhmacherlehre, als praktisch einzige Frau. «Das gab mir einen zusätzlichen Kick», sagt sie. «Mich als Frau in einer Männerdomäne zu behaupten.»

Sie hat ihre Berufswahl nie bereut. «Schuhe faszinieren mich», sagt sie. «Sie sind für mich das wichtigste Kleidungsstück. Ich würde auch nie meine Schuhe mit jemandem tauschen.» Auch dem Handwerk des Schuhmachers gibt sie eine Zukunft, obwohl in den vergangenen Jahren zahlreiche Betriebe aufgegeben haben. «Wir leben in Zeiten, in denen sich etwas verändert, wo Nachhaltigkeit ein Thema ist. Wo der Trend wieder umschlägt und man Dinge zunehmend repariert statt sie wegzuwerfen.»

Die Maschinen kommen woanders zum Einsatz

Die Schuhmacherei in Menznau schliesst Ende Februar, mit der Pensionierung von Frieda Fölmli geht eine 111-jährige Firmengeschichte zu Ende. Aber für die Maschinen des Betriebs gibt es eine Interessentin – gut möglich daher, dass bald einmal anderswo in der Schweiz Schuhe repariert werden mit den Werkzeugen der Fölmli-Dynastie.

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