Zum Inhalt springen

Schule aus Distanz «Es gibt Eltern, die erreicht man schlicht und einfach nicht»

In der ganzen Schweiz sind die Schulen geschlossen. Im Aargau darf bis zu den Frühlingsferien kein Unterricht nach Lehrplan stattfinden. Nur die Repetition von Stoff, den die Kinder schon behandelt haben, ist erlaubt. Die Schülerinnen und Schüler haben von ihren Schulen Aufgaben und Anregungen erhalten. Die Schulen hätten ihren Auftrag gut erfüllt, findet Philipp Grolimund vom Schulleiterverband. Doch die Zuständigkeit der Schulen sei begrenzt. Im neuen System der Fernschule hätten die Eltern eine Schlüsselrolle.

Philipp Grolimund

Co-Präsident VSLAG

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Philipp Grolimund begann seine Schulkarriere als Lehrer in Muhen (AG). Dort stand er 1986 zum ersten Mal vor einer Klasse. 30 Jahre lang unterrichtete er in Muhen und wurde Rektor und dann Schulleiter. Auf das Schuljahr 2016/17 wechselte er nach Windisch, wo er die Stelle als Gesamtschulleiter übernahm. Ende 2018 kündigte er und trat im Sommer 2019 die Stelle als Leiter der Primarschule Laufenburg an. Grolimund ist Co-Präsident des Verbandes Schulleiterinnen und Schulleiter Aargau (VSLAG).

SRF: Philipp Grolimund, wie kommt das Schulmaterial nun eigentlich zu den Kindern?

Philipp Grolimund: Bei den Kleinen hat man viel auf Papier gemacht, man hat das Material bereitgestellt zum Abholen. In der Oberstufe läuft viel digital. Das Problem ist jetzt nicht bei den Schulen, sondern bei den Eltern. Es ist klar: Man ist auf die digitale Infrastruktur der Eltern angewiesen. Ich muss sagen: Nicht alles, was wir auf Papier vorbereitet haben, wurde abgeholt. Es gibt einfach Eltern, die erreicht man schlicht und einfach nicht. Sie reagieren nicht auf E-Mails, sie reagieren nicht aufs Telefon. Da sind wir ein Stück weit machtlos. Wir haben Papiere sogar in die Briefkästen gelegt. Aber es kommt einfach vor, dass es von Eltern-Seite keine Kontaktaufnahme gibt.

In Fächern wie Deutsch oder Mathematik kann man ja gut Material auf Papier oder digital bereitstellen. Aber wie sieht es aus mit Zeichnen, Turnen, textilem Gestalten oder Werken?

Es ist klar, dass vieles bei den Eltern liegt. Es wurden Angebote gemacht von den Schulen. Man gab Hinweise. Die Eltern sind sicher gut informiert. Es kommt nun aber darauf an, was sie machen. Wenn sie motiviert sind, setzen sie etwas um mit den Kindern.

Wir sind ja in Phase 2 im Aargau: Kein Unterricht nach Lehrplan, nur Repetition. Nach den Frühlingsferien muss wieder Unterricht stattfinden. Es kann aber sein, dass die Schulen dann immer noch geschlossen sind. Wie bereiten sich die Schule darauf vor?

Die Lehrpersonen müssen sich Gedanken darüber machen, wie man über Plattformen Unterricht gestalten kann, also über digitale Medien. Wir erwarten vom Kanton, dass er hier eine Art Grundangebot anbietet, etwas Einheitliches, ohne verschiedene Logins. Aber wieder haben wir das Problem zu Hause. Was haben die Eltern überhaupt für digitale Medien zur Verfügung? Und je kleiner die Kinder sind, desto mehr brauchen sie den direkten Bezug zur Lehrperson. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man mit Kindergärtlern oder Erst- und Zweitklässlern Fernunterricht wirksam umsetzen kann.

Das Gespräch führte Stefan Ulrich.

Regionaljournal Aargau Solothurn, 23.3.2020, 17:30 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel