In einer nächtlichen Aktion entfernten die SBB die 115 Jahre alte Bahnbrücke, die in Münchenstein im Kanton Baselland über den Fluss Birs führt. Ein gewaltiger Kran hob die 220 Tonnen schwere Stahlkonstruktion vorsichtig an und stellte sie zur Seite.
Nächtliche Präzisionsarbeit: 115 Jahre alte Brücke wird entfernt
Während dieser Operation durfte auf der Linie von Basel nach Laufen für drei Stunden kein Zug verkehren. Aus Sicherheitsgründen wurden auch die SBB-Fahrleitung, die Tramfahrleitung der BLT sowie die SBB Übertragungsleitung Kerzers – Muttenz ausgeschaltet.
Die Brücke soll ersetzt werden, die neue wurde vor Ort fertiggestellt. Der Koloss wiegt 290 Tonnen und soll Ende 2024 eingebaut werden.
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Bild 1 von 2. Von der Vergangenheit in die Zukunft: In der Nacht wurde die alte Brücke abgebaut. Bildquelle: SRF/Markus Weber .
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Bild 2 von 2. Die neue Brücke soll Ende 2024 eingebaut werden. Bildquelle: SRF/Markus Weber .
Es führten zwei alte Brücken über die Birs. Die «neuere» wurde nun entfernt und wird in den nächsten Tagen in ihre Einzelteile zerlegt.
Die Zukunft der älteren Brücken, die aus dem Jahr 1892 stammt und als schützenswert gilt, ist noch unklar. Bis Herbst 2024 soll entschieden werden, ob sie an einem anderen Ort wiederverwendet werden soll.
Schlimmstes Zugunglück in der Schweizer Geschichte
Am Ort, wo der Riesenkran nun hunderte Tonnen Stahl bewegte, ereignete sich vor 133 Jahren der schlimmste Zugunfall der Schweiz.
Es gibt Gruselgeschichten, dass man Beine von eingeklemmten Menschen amputieren musste.
Am 14. Juni 1891 verunglückt der Zug von Basel nach Delémont bei der Hofmatt. 73 Menschen kamen ums Leben, darunter auch Kinder. Weiter wurden 170 Personen verletzt.
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Bild 1 von 3. Am 14. Juni 1891 kamen beim Einsturz der Brücke 73 Menschen ums Leben. Bildquelle: zvg/Schweizerische Nationalmuseum.
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Bild 2 von 3. Bei den Rettungsarbeiten fehlte es am nötigen Material. Bildquelle: zvg/Schweizerische Nationalmuseum.
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Bild 3 von 3. Diese Last war für die relativ schmale Birsbrücke zu viel, ergab eine Untersuchung der ETH. Bildquelle: zvg/Schweizerische Nationalmuseum.
«Es gibt Gruselgeschichten, dass man Beine von eingeklemmten Menschen amputieren musste. Es waren Kinder dabei, es ist einfach ein grosses Drama gewesen», sagt Historiker Georg Kreis.
Denn bei den Rettungsarbeiten hätte es am nötigen Material gefehlt, so Kreis: «Man hätte schwere Baukräne und Maschinen gebraucht, um die Wagen wieder auseinander zu nehmen und die Menschen aus den Trümmern zu befreien. Das war aber einfach nicht vorhanden.»
Ausflug ans Gesangsfest endet in Katastrophe
Rund 500 Passagiere waren im Zug, viele wollten ein Gesangsfest in Münchenstein BL besuchen. Da der Andrang für das Fest so gross war, wurden zusätzliche Wagons angehängt und eine zweite Lokomotive eingesetzt. Ein Fehler: Diese Last war für die relativ schmale Birsbrücke zu viel, wie eine Untersuchung der ETH ergab. Es kam zur Katastrophe.
Entworfen hatte die Brücke Gustave Eiffel, der Vater des Eiffelturms. Das ETH-Gutachten entlastet jedoch den Ingenieur und das Baubüro von Eiffel. Ausserdem existierten zu diesem Zeitpunkt noch keine Vorschriften, wie viel Last eine Brücke aushalten muss. Wer die Schuld am Unglück trägt, ist also bis heute nicht restlos geklärt.
Die Brücke über den Birs wurde nach dem Unglück wieder aufgebaut, optisch ähnlich, aber deutlich stabiler. Und ein paar Jahre später wurde noch eine zweite Brücke errichtet.
Von der Vergangenheit zur Zukunft: Der Austausch der Birsbrücken
Beide Konstruktionen sind unterdessen weit über 100 Jahre alt und müssen erneuert werden. Dies passiert diese Tage auf spektakuläre Weise, indem sie als Ganzes weggehoben werden.