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Verkehrsfinanzierung Nationalrat führt Milchkuh zur Schlachtbank

Die Initiative «für eine faire Verkehrsfinanzierung» fordert, dass alle Einnahmen aus der Mineralölsteuer für den Strassenbau eingesetzt werden. Damit steuere sie in die falsche Richtung, sagt eine Mehrheit im Nationalrat.

Wer Auto fährt, zahlt dadurch nicht nur für die Strassenbenutzung, sondern auch für andere Aufgaben des Bundes. Jährlich fliesst die Hälfte der Einnahmen aus der Mineralölsteuer, rund 1,5 Milliarden Franken, in die Bundeskasse. Diese Tatsache stört Walter Wobmann, SVP-Nationalrat und Mitglied des Initiativkomitees.

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Eveline Widmer-Schlumpf: «Wir brauchen Strasse und Schiene»
Aus News-Clip vom 03.06.2015.
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Milliarden seien abgezogen worden, sagt er. «Ich nenne das Diebstahl. Die Milchkuh-Initiative kann hier endlich Abhilfe schaffen.» Diebstahl, das sei falsch, entgegnet CVP-Nationalrat Stefan Müller-Altermatt. Schliesslich stehe in der Verfassung, wie die Mineralölsteuer verwendet werden solle. Ergo: «Der Melker dieser Milchkuh ist niemand anderes als das Volk. Weil das Volk es so wollte.»

Jürg Grossen (GLP/BE) griff zum Fussballerjargon: «Die Initiative ist eine vorsätzliche und unfaire Schwalbe im gegnerischen Strafraum, um für die eigene Autofahrermannschaft regelwidrig einen Penalty herauszuschinden. Beim Fussball führt so etwas zu einer gelben Karte und zu einem Pfeifkonzert von den Rängen.»

Einladung zu noch mehr Strassenverkehr

Die Initiative würde Kollateralschäden auslösen, die auch die Automobilisten treffen würden, sagten zahlreiche Mitte-Links-Vertreter. Ab dem Tag der Annahme der Initiative müsste der Bund sofort 1,5 Milliarden sparen – «und zwar dort, wo man das kurzfristig auch einsparen kann. Das heisst unter dem Strich eine fünfprozentige Kürzung für Bauern, Forscher und die Armee», rechnet Müller-Altermatt vor.

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Ulrich Giezendanner (SVP/AG) über Ursprung des Begriffs Milchkuh
Aus News-Clip vom 03.06.2015.
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Die Initiative mache den Strassenverkehr zudem attraktiver. Das sei ein Risiko, denn wenn mehr Leute auf das Auto umstiegen, gebe es zusätzliche Staus, so die Gegner. Das Eigentor der Initianten wäre damit perfekt.

Man provoziere ja heute schon richtiggehend Staus, indem man den Strassenverkehr unzulässig ausbremse, den Unterhalt und Ausbau vernachlässige, entgegnete Verena Herzog von der SVP: «Auto-, Motorrad- und Lastwagenfahrer sind Opfer einer neuen Religion geworden. Nicht etwa von Islam, dem Christentum oder dem Judentum, sondern von der sogenannten Klimareligion.»

Keine Verknüpfung mit der NAF-Vorlage

Eine extremistische Initiative sei dies, befand Roger Nordmann von der SP. Was SVP-Kollege Ulrich Giezendanner echauffierte: «Das ist eine Riesenfrechheit von Ihnen!», rief er ihm zu. «Überhaupt nicht», antwortete Nordmann trocken.

Der Wunsch der Autolobby, die Initiative parallel zu einem anderen Verkehrsgeschäft zu diskutieren – dem geplanten neuen Strassenfonds (NAF) –, lehnte der Nationalrat ab. Eine Minderheit erhoffte sich davon mehr Zugeständnisse für die Automobilisten.

Für Zugeständnisse brauche es beidseits Kompromissbereitschaft. Diese fehle aber bei der Autolobby, hiess es schliesslich. Und sowieso: Der Bundesrat habe schon Zugeständnisse gemacht, wolle 400 Millionen Franken aus der Importsteuer in den neuen Fonds einspeisen. Doch statt sich über den Geldsegen zu freuen, forderten die Initianten mehr, wunderte sich Regula Rytz von den Grünen.

Harte Worte und spitze Keile in der Debatte

«Die Initiative versucht, einen Keil zwischen ÖV- und Autofahrer zu treiben», sagte Bastien Girod (Grüne/ZH). Wenn Kostendruck auf den öffentlichen Verkehr ausgeübt werde, sei das ein Problem für ländliche Regionen. «Sie verlieren, wenn das Angebot verkleinert wird.» Die Initiative sei deshalb eine «lose-lose-Lösung».

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Die «Milchkuh-Initiative» weckt Emotionen
aus Echo der Zeit vom 03.06.2015. Bild: Keystone
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Ungewöhnlich hart und emotional wurde um die Initiative gekämpft. Nationalräte unterstellten sich gegenseitig mangelnde Kompetenz und Intelligenz. Deshalb meinte Adrian Amstutz von der SVP denn auch: «Ich bin lieber einer der gescheiteren Dummen, als einer der dümmeren Gescheiten.»

Ob während dieser ruppigen Debatte die Gäste auf der Publikumstribüne gescheiter wurden, ist fraglich. Der Nationalrat jedenfalls lehnte die Initiative mit 97 zu 65 Stimmen bei 11 Enthaltungen ab.

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