Zwei gehen, sechs wollen rein: Volkswirtschaftsdirektor Andreas Rickenbacher und Gesundheitsdirektor Philippe Perrenoud (beide SP) verlassen im Sommer die bernische Kantonsregierung. Zu den Ersatzwahlen am 28. Februar treten sechs Kandidaten an. Eines haben sie gemeinsam: Es sind nicht die profiliertesten Politiker, die der Kanton Bern kennt. Auffallend ist ebenfalls: keine Frau interessiert sich für das hohe Amt.
Bürgerliche Wende?
Im Kanton Bern geht es bei diesen Ersatzwahlen um nicht weniger als die bürgerliche Wende. Heute setzt sich die siebenköpfige Regierung folgendermassen zusammen: SP drei Sitze, Grüne, SVP, FDP und BDP je ein Sitz. Weil die SVP im Kanton Bern die wählerstärkste Partei ist, kann es gut sein, dass die SP einen ihrer Sitze abgeben muss.
Entsprechend der Wählerstärke war die SVP in den letzten Jahren in der Regierung untervertreten. Rot-Grün stellt seit 2006 in der Kantonsregierung die Mehrheit. Im Gegensatz zum Parlament: das ist bürgerlich dominiert.
Jura-Sitz sorgt für Spannung
Die Ersatzwahlen haben ihre ganz speziellen Spielregeln. Weil mit Philippe Perrenoud der Jura-Vertreter die Regierung verlässt, muss der garantierte Jura-Sitz neu besetzt werden. Für diesen kommen jedoch nur Kandidaten aus dem Berner Jura infrage. Der Jura-Sitz wird nach einem speziellen Wahlverfahren ermittelt, aus dem der Wille der bern-jurassischen Wählerinnen und Wähler deutlich hervorgeht.
Die drei Kandidaten für den Jura-Sitz:
Roberto Bernasconi (SP)
Auf die Welt gekommen ist Roberto Bernasconi im Tessin. Heute lebt er mit seiner Frau und seinen beiden erwachsenen Kindern in Malleray im Berner Jura. Bernasconi spricht Französisch und Italienisch sowie ein wenig Deutsch. Der 51-Jährige ist Lehrer und Leiter einer Primarschule. Seit 2009 gehört er dem bernischen Kantonsparlament an und ist Vizepräsident der SP des Kantons Bern.
Pierre Alain Schnegg (SVP):
Als Politiker ist Pierre Alain Schnegg noch weitgehend ein unbeschriebenes Blatt. 2014 trat er der SVP bei und wurde noch im selben Jahr ins bernische Kantonsparlament gewählt. Seit dem letzten Jahr sitzt er in seiner Wohngemeinde Champoz zudem im Gemeinderat. Schnegg half mit, zwei Firmen zu gründen: eine für landwirtschaftliche Bauten und eine, die Unternehmenssoftware entwickelt und vertreibt. Dieses zweite Unternehmen führte er bis 2014 als CEO. Schnegg ist 53 Jahre alt.
Patrick Gsteiger (EVP)
Er ist der Kandidat der Mitteparteien, von EVP, CVP und GLP. Trotz des breiten Supports sind seine Chancen, am 28. Februar in die bernische Kantonsregierung gewählt zu werden, gering. Die vierte Mittepartei, die BDP, unterstützt ihn nicht. Der 48-jährige Patrick Gsteiger lebt zusammen mit seiner Frau in einem umgebauten Bauernhaus in Eschert und ist Mitinhaber eines Ingenieurbüros im Energiebereich. Er hat zwei erwachsene Töchter.
Diese drei Kandidaten bewerben sich für den deutschsprachigen Sitz in der bernischen Kantonsregierung:
Christoph Ammann (SP)
Er ist im Berner Oberland sehr gut vernetzt. Der 46-Jährige war sechs Jahre Gemeindepräsident von Meiringen, gehört der Geschäftsleitung des Vereins Volkswirtschaft Berner Oberland an, er war Präsident der Regionalplanung und ist seit 2008 Präsident von Procap Bern. Ammann ist Rektor des Gymnasiums Interlaken und seit 2006 im bernischen Kantonsparlament.
Lars Guggisberg (SVP):
Er ist einer von zwei Kandidaten, die keine Exekutiverfahrung haben. Deshalb ist er auch für viele aus dem bürgerlichen Lager schlecht wählbar. Besonders in der BDP ist die Kandidatur des 38-Jährigen umstritten. Lars Guggisberg ist Präsident der SVP Bern-Mittelland sowie Geschäftsführer zweier Sektionen des Handels- und Industrievereins.
Bruno Moser (parteilos)
Er gehört keiner Partei an und wird oft als «Enfant terrible» der bernischen Kantonspolitik bezeichnet. Der Bieler ist nicht wählerisch, wenn es um die Wahl seiner Kandidatur geht. Seit Jahren macht er mit, wenn es darum geht, einen neuen Ständerat oder einen neuen Regierungsrat zu wählen. Bisher schaffte es der 54-Jährige Volkswirt jedoch nie. Er setzt sich für die sogenannte Bodenwertsteuer ein.
Weil sechs Kandidaten antreten und der Jura-Sitz mittels speziellem Verfahren ermittelt wird, ist ein zweiter Wahlgang am 3. April nicht ausgeschlossen.