Die Volksinitiative «Für eine öffentliche Krankenkasse» verlangt, dass die obligatorische Grundversicherung nicht mehr wie heute von 61 privaten Krankenkassen, sondern nur noch von einer einzigen öffentlichen Krankenkasse angeboten wird. Abgestimmt wird am 28. September.
Die 2. SRG-Umfrage zeigt, dass das SP-Begehren ziemlich sicher keine Mehrheit finden wird. Momentan würden 54 Prozent gegen die Einheitskasse stimmen. 38 Prozent würden ein Ja in die Urne legen. 8 Prozent sind noch unentschlossen.
Gegenüber der 1. SRG-Umfrage im August hat vor allem die dezidierte Ablehnung der Vorlage zugenommen. «Auf der nationalen Ebene ist praktisch alles klar», sagt Claude Longchamp, der Leiter der Studie. «Das Nein ist mehrheitlich und nimmt über die Zeit hinweg zu.»
Spaltung entlang der Sprachgrenzen
In der lateinischen Schweiz hingegen gibt es eine knappe Mehrheit für die Einheitskasse. Momentan stimmen sowohl in der Romandie als auch im Tessin 51 Prozent für das Begehren. In der Deutschschweiz sind 61 Prozent dagegen.
«Es ist möglich, dass es Kantone in der lateinischen Schweiz gibt, die ein zustimmendes Ergebnis liefern werden. In einzelnen Kantonen wird es zu Diskussionen kommen», so Longchamp.
Links-rechts-Polarisierung
Bei der Einheitskassen-Initiative besteht neben dem Röstigraben eine klare Links-rechts-Polarisierung. Bei der Wählerschaft von SP und den Grünen sind fast drei Viertel dafür. Bei den bürgerlichen Parteien sind zwei Drittel dagegen. Im Gegensatz zur 1. SRG-Umfrage sind mittlerweile auch die CVP- und die parteiungebundenen Wähler ins Nein-Lager gerückt.
Interessant ist auch, dass die persönliche monatliche Krankenkassenprämie keine Auswirkungen auf das Stimmverhalten mehr hat. Vor Monatsfrist galt noch, dass die Zustimmung bei hohen Krankenkassenprämien über dem Mittel lag. Stimmberechtigte in Haushalten mit hohen Prämienzahlungen haben inzwischen aber den Glauben an die Initiative verloren.
Aufgeteilt nach Einkommensklassen, sind Haushalte mit einem mittleren Einkommen von 5000 bis 9000 Franken verstärkt für die Vorlage. Das war im August noch anders. Doch auch hier gibt es keine Mehrheit. 44 Prozent stimmen für die Initiative, 52 beziehungsweise 51 Prozent sind gegen die Einheitskasse.
Die Initianten verlieren mittlerweile auch den Support der tiefsten Einkommensbezüger. Bei Personen mit weniger als 3000 Franken Haushaltseinkommen sind 65 Prozent gegen das SP-Begehren und nur 29 Prozent dafür.
Festhalten am Status quo
Argumentativ hat der Abstimmungskampf bisher keine grossen Wirkungen hinterlassen. Beide Seiten haben mehrheitsfähige Botschaften.
Die Ja-Seite punktet mit dem Argument, dass der heutige Wettbewerb zwischen den Krankenkassen zu einer Jagd auf junge und gesunde Versicherte führe. Dem stimmen 73 Prozent zu. Die Nein-Seite verweist auf das schlagkräftige Argument, dass sich das heutige System insgesamt bewährt habe. Dieses Argument unterstützen 71 Prozent.
«Den Initianten ist es nicht gelungen zu beweisen, dass mit einem Systemwechsel die Prämien sinken. Die Initianten haben die Kosten-Debatte wohl verloren», sagt Longchamp. «Man kann das auch so deuten: Die Phase der Reformen im Gesundheitswesen ist vorbei.»