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Masseneinwanderungs-Initiative «Die Ausländer kommen» – Die Schweiz unter Zugzwang?

Im Schnitt wandern 70‘000 Menschen pro Jahr ein – so viele, wie die Stadt St. Gallen Einwohner zählt. Zu viele, findet die SVP. Mit ihrer Initiative will sie die Zuwanderung begrenzen. Die Gegner halten dagegen: Die Initiative gefährde den Wohlstand.

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Masseneinwanderungs-Initiative: Die Debatte
aus Forum vom 09.01.2014. Bild: Colourbox
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Am 9. Februar stimmt das Volk über die SVP-Initiative «Gegen die Masseneinwanderung» ab. Am Donnerstag trafen sich prominente Befürworter und Gegner in der alten Mühle Langenthal (BE). Die Sendung «Forum» von Radio SRF 1 übertrug die Debatte live.

«Der Bundesrat ist gegen die Initiative», sagt Bundesrat Johann Schneider-Ammann. «Wir haben in der Schweiz Vollbeschäftigung und Wachstum, und das möchte ich nicht ändern.»

SVP-Nationalrat Adrian Amstutz ist da anderer Meinung: «Es geht ums Mass.» In die Schweiz kämen jedes Jahr bald 80‘000 Zuwanderer. «Das ist zu viel. In dem Tempo kann es nicht weitergehen.» Bis im Jahr 2035 würde die Schweiz in Richtung zehn Millionen Einwohner steuern, wenn wir so weitermachten wie bisher. Das sage das Bundesamt für Statistik.

Die Initiative

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Das Begehren der SVP verlangt: Der Staat soll festlegen, wie viele Personen aus welchem Land pro Jahr in die Schweiz ziehen oder hier arbeiten dürfen, die Grenzgänger und Asylsuchenden einbezogen. Die Initiative will die Personenfreizügigkeit mit der EU neu verhandeln.

«Die Initiative löst keine Probleme», wirft SP-Nationalrätin Nadine Masshardt ein. Sie bringt die flankierenden Massnahmen ins Spiel, für die sich die Sozialdemokraten stark machen. Es müsse bei der Raumplanung angesetzt werden. Im Arbeitsmarkt brauche es einen Mindestlohn, mehr Investitionen im preisgünstigen Wohnungsbau. Und eine Bildungsoffensive für Fachkräfte müsse her.

Für den SVP-Stadtrat von Langenthal, Patrick Freudiger, sind die flankierenden Massnahmen keine Lösung. Langenthal habe einen überdurchschnittlich hohen Ausländeranteil und sehr wenig freies Bauland. «Wir müssen in die Höhe bauen. Das bedeutet mehr Leute auf weniger Raum. Das schränkt die Lebensqualität ein.»

Fachkräfte aus dem Ausland

Thimo Thimm ist deutscher Staatsbürger und Leiter Operationssäle Spital Langenthal. Eigentlich wollte er gar nicht explizit in die Schweiz kommen, wurde dann aber abgeworben. Für ihn ist klar: Die Schweiz braucht Fachkräfte aus dem Ausland, anders kommt sein Spital nicht an qualifiziertes Personal heran.

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Die SVP findet, so könne es nicht weitergehen
aus Forum vom 09.01.2014.
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Amstutz hält entgegen, dass die Schweiz zwar Vollbeschäftigung habe, aber die Arbeitslosenzahl seit 2001 gestiegen sei, und nicht gesunken. «Es findet trotz überhitzter Konjunktur ein Verdrängungskampf statt.» Etwa würden die Ex-Jugoslawen aus dem Arbeitsmarkt verdrängt, «und aufgefüllt durch junge Portugiesen.» Zudem würden dann die aus dem Arbeitsmarkt verdrängten Ausländer dem hiesigen Sozialwesen auf der Tasche liegen.

«Die Arbeitslosenquote hat relativ gesehen zur Bevölkerung nicht zugenommen in den letzten Jahren», antwortet Bundesrat Schneider-Ammann. Auch habe laut Studien keine Verdrängung stattgefunden. «Die Personenfreizügigkeit hat bei den mittleren Löhnen bewirkt, dass nicht mehr das passiert ist, was hätte passieren können, wenn das Angebot weniger gross gewesen wäre. Bei den tieferen Löhnen stellten die Studien keine Nachteile fest.»

Es diskutierten

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  • Bundesrat Johann Schneider-Ammann
  • Adrian Amstutz, Nationalrat SVP, Fraktionspräsident
  • Patrick Freudiger, Stadtrat SVP Langenthal
  • Nadine Masshardt, Nationalrätin SP
  • Thimo Thimm, Leiter Operationssäle Spital Langenthal

Mietpreise in Hotspots höher

Auch zu den hohen Mietpreisen nimmt der Bundesrat Stellung: «Für einzelne Hotspots wie Genf, Basel oder Zürich stimmt das.» Doch es gäbe im Land insgesamt Wohnmöglichkeiten zu vernünftigen Preisen.

«Der Bundesrat behauptet immer, es läuft besser», sagt SVP-Nationalrat Adrian Amstutz. Die Frage gehe an jeden einzelnen. «Haben wir mehr im Portemonnaie? Geht es uns wirklich besser?»

Doch wie viele Leute würden dann kommen, würde die Initiative angenommen? Adrian Amstutz: «Etwa 50‘000 wären meiner Meinung nach die obere Grenze.» Das lege die Wirtschaft fest. Über ein Drittel komme momentan in die Schweiz, nicht um hier zu arbeiten, sondern als Familiennachzug, so Amstutz.

Mehr Bürokratie bei Annahme

«Wenn Initiative angenommen wird, dann wächst die Bürokratie», so Schneider-Ammann. Die Firmen müssten prompt reagieren können, wenn sie Leute brauchten. Die Initiative bewirke, dass Investitionen heruntergefahren würden und es weniger Arbeitsplätze gebe.

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Bundesrat Schneider-Ammann will Arbeitsplätze sichern
aus Forum vom 09.01.2014.
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Der Bundesrat warnt zudem: Wenn die Initiative angenommen würde, könnten die anderen Verträge mit der EU unter Druck kommen. Das wiederum hätte Auswirkungen auf die Arbeitsplätze in der Schweiz. «Wenn die Schweiz die EU an den Verhandlungstisch zwingt, dann kann nicht nur eine Seite ihre Forderungen auf den Tisch bringen.»

Wenn die Verhandlungen mit der EU scheitern

«Wir wollen der Schweiz keine Steine in den Weg mit der EU legen, sondern wir wollen lediglich eine Korrektur anbringen.» Amstutz fragt, ob die EU zu den Forschungsmillionen aus der Schweiz Nein sagen wolle. Oder wolle die EU etwa auf die Nordsüdverkehrsachse verzichten, die durch die Schweiz verlaufe? «Sollten die Verhandlungen scheitern, dann wird die Schweiz keine Bilateralen Verträge haben.»

«Wenn wir keine Bilateralen Verträge haben, dann wäre der Schaden für die Wirtschaft immens», gibt SP-Nationalrätin Nadine Masshardt zu bedenken. Daher seien auch alle wirtschaftsnahen Verbände geschlossen gegen die Initiative.

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