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Präimplantationsdiagnostik Koffer packen für das Wunschkind

Im Bereich der Fortpflanzungsmedizin sind die Gesetze hierzulande strenger als im Ausland. Das führt dazu, dass viele Schweizer Paare ins Ausland reisen mit der Hoffnung, dort ihren Kinderwunsch erfüllen zu können.

Deutschland, Frankreich, Spanien, Portugal – alle diese Länder erlauben die Präimplantationsdiagnostik, kurz PID. In der Schweiz ist sie verboten – noch. Denn das Parlament hat sich in der laufenden Session teilweise dafür ausgesprochen.

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Nationalrat für Chromosomentests an Embryos
aus Echo der Zeit vom 03.06.2014. Bild: Reuters
abspielen. Laufzeit 8 Minuten 31 Sekunden.

Doch auch in anderen Bereichen der Fortpflanzungsmedizin sind die Gesetze hierzulande noch strenger als im Ausland. Das führt dazu, dass viele Paare ins Ausland gehen, um sich ihren Kinderwunsch doch noch erfüllen zu können.

Ein solches Paar sind Barbara und Oliver. Durch ihre Wohnung rennen zwei blonde Wuschelköpfe. Es sind ihre beiden zweieinhalb jährigen Söhne. Die Kinder sind absolute Wunschkinder. Ihre Eltern mussten lange auf sie warten.

Fast fünf Jahre lang versuchte das Paar, schwanger zu werden, wie Barbara erzählt. Auch mit In-Vitro-Befruchtung: «Wir haben es mehrmals probiert, und ich wurde nie schwanger. Ich hatte keine Ahnung wieso, man hat es nicht wirklich gesehen.»

Derweil wurden alle um sie herum scheinbar problemlos schwanger. Die Tragik dieser Situation hatte damals wohl manch einer nicht begriffen, sagt Oliver. «Man hat lustig gemeinte Kommentare gekriegt, wie ‹ich kann dir mal erklären, wie es geht›. Das sind so Dinge, die dazu geführt haben, dass wir weniger Kontakt mit Freunden hatten.»

Schweizer Ärztin wusste nicht weiter

Das sei eine sehr zehrende Zeit gewesen, die Spuren hinterlassen habe, sagt auch Barbara. Ihr Mann sei oft viel zuversichtlicher gewesen als sie selber. «Er war die treibende Kraft. Er hat es wie ein Zugpferd durchgezogen. Ich war sehr schwankend.» Hoffnung wich Frustrationen und vielen Tränen. «Ich hatte auch immer wieder einen Tiefpunkt, wo ich gedacht habe, jetzt hören wir auf, ich mag nicht mehr.»

Eines Tages kam auch ihre Gynäkologin an den Punkt, an dem sie mit ihrem Latein am Ende war. Sie habe das Paar mehr oder weniger diskret auf eine Klinik in Spanien, von der sie Gutes gehört habe, aufmerksam gemacht.

Spanien hat in vielerlei Hinsicht ein liberaleres Fortpflanzungsgesetz. So dürfen spanische Ärzte beispielsweise mehr als drei Embryonen in Vitro heranreifen lassen – und auch die PID, die Thema in den Eidgenössischen Räten ist, ist dort erlaubt.

Grund für Kinderlosigkeit schnell gefunden

Auf nach Alicante also, hiess es im Dezember 2010 für Barbara und Oliver. Auf zur letzten Chance auf ein eigenes Kind. Vieles musste organisiert werden. «Es war viel Administration, mit Formularen, dem Flug, dem Hotel und Terminen», sagt Barbara.

Die Klinik, von der ihnen die Schweizer Gynäkologin erzählt hatte, ist auf Paare aus dem Ausland spezialisiert. Nicht nur der Klinikleiter, sondern das ganze medizinische Team sprechen sehr gut deutsch. Und auch im übertragenen Sinn fühlte sich das Paar dort verstanden. «Er hat uns beide sehr getröstet und auch anerkannt, was wir bisher geleistet haben. Das war schön, wir haben uns sehr gut aufgehoben gefühlt.»

Der Arzt merkte sehr schnell, dass bei Barbara die Eizellen zu wenig gut reiften, um befruchtet zu werden. Das hatte man in der Schweiz nicht herausgefunden. Er behandelte sie entsprechend. So wurde an der spanischen Costa Blanca der grösste Wunsch des Paares erfüllt. Das Warten hatte ein Ende. Barbara wurde schwanger. 2011 kamen die Zwillinge ein paar Wochen zu früh, aber gesund zur Welt.

«Bewundernswert, wenn man auch dazu steht»

Das Paar verfolgt aufmerksam, was zur Zeit in der Schweiz diskutiert wird in Sachen PID. Sie selber hatten die Embryonen nicht auf genetische Krankheiten untersuchen lassen, obschon das in der Klinik in Alicante angeboten wird. Sie finden, dass diese Möglichkeit auch in der Schweiz erblich vorbelasteten Paaren offen stehen sollte.

Barbara erklärt das so: «Ich sehe ein Kind im Kontext einer Familie. Ein Kind kommt und die ganze Familie wächst. Wenn man weiss, dass man nicht bereit ist, ein Kind auszutragen, dass vielleicht schon während der Schwangerschaft oder kurz danach stirbt, dann finde ich das absolut legitim.»

Und mehr noch: «Ich finde das bewundernswert, wenn man auch dazu steht und das von Anfang an mit einberechnet», sagt Barbara. Generell befürworten beide eine Lockerung der bestehenden Gesetze. Die Schweiz sollte Paaren mit unerfülltem Kinderwunsch ähnliche Voraussetzungen bieten, wie die meisten Staaten in Europa.

Paare sollten nicht ins Ausland gehen müssen

«Die ganze psychische, körperliche und finanzielle Belastung, die nimmt niemand einfach so auf sich», erklärt Barbara. Da stünden ganz verschiedene Geschichten dahinter – und schmerzhafte Einzelschicksale. Für sie beide ist die Familienplanung abgeschlossen. Aber für alle, die vielleicht genau so traurig sind, wie sie es einmal waren, sollten die Bedingungen hierzulande besser werden, wünscht sich Barbara.

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