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Abstimmungsbeschwerde der CVP Das Abstimmungsbüchlein entscheidet mit

In schlichtem Rot gehalten, Format A5 – die offizielle Bezeichnung ist sehr nüchtern: «Erläuterungen des Bundesrates». Aber das Abstimmungsbüchlein, das alle Bürgerinnen und Bürger jeweils mit den Stimmzetteln zugeschickt bekommen, ist auch im Internetzeitalter noch immer von grosser Bedeutung.

Das zeigten die Befragungen, die im Nachgang zu Volksabstimmungen durchgeführt werden. Und das entspreche auch dem Abstimmungsverhalten der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger, betont Georg Lutz, Politologe und Professor an der Universität Lausanne. «Über 90 Prozent stimmen brieflich ab. Wenn Sie den Wahlzettel am Wohnzimmer- oder Küchentisch ausfüllen, haben sie eine Information ganz sicher zur Hand: das Abstimmungsbüchlein.»

Abstimmungsbüchlein vom letzten Jahr.
Legende: Worum geht es bei einer Volksinitiative, welches sind die Argumente von Bundesrat und Parlament, was sagen die Gegner? Das Abstimmungsbüchlein gibt Antworten darauf. Keystone

Deshalb könne man davon ausgehen, dass es intensiv genutzt werde, so Lutz. Und so ist es auch nicht erstaunlich, dass das Abstimmungsbüchlein selber immer wieder in die Kritik gerät. Etwa wenn nachträglich klar wird, dass darin falsche Zahlen aufgeführt waren, wie etwa bei der Abstimmung über die Heiratsstrafe oder bei jener zur Unternehmenssteuerreform II. Die CVP hat jüngst sogar eine Abstimmungsbeschwerde eingereicht.

Manchmal ist das Abstimmungsbüchlein auch schon während des Abstimmungskampfes ein Thema. Etwa wenn Initianten den Eindruck haben, dass ihr Anliegen nicht richtig oder nicht umfassend dargestellt werde, wie jüngst bei der Vollgeld-Initiative. Lutz hat Verständnis dafür, wenn politische Aktivisten, Initianten und Referendumsführer ganz genau hinschauen, wie ihr Anliegen dargestellt und erläutert wird – gerade weil das Abstimmungsbüchlein eine so wichtige Informationsquelle ist.

Mittel zur medialen Inszenierung

Aber gleichzeitig «ist es inzwischen auch etwas zu einem politischen Spielball geworden», sagt Lutz. «Wenn man das Abstimmungsbüchlein kritisiert, ist das eine Möglichkeit, mit seinen Anliegen in die Medien zu kommen und damit in der Öffentlichkeit zu punkten. » Aber auch er findet: Solche groben Fehler wie bei der Heiratsstrafe sollten nicht passieren. Die Behörden seien dazu angehalten, möglichst präzise Informationen zu liefern.

Alles in allem findet der Politikwissenschaftler aber, dass die Bundeskanzlei, die für die Herausgabe des Büchleins verantwortlich ist, gute Arbeit leiste. Denn ihre Aufgabe sei gar nicht so einfach: «Man soll einerseits einen Gegenstand möglichst umfassend und präzise darstellen. Und andererseits sollte das auch noch möglichst einfach und verständlich sein.» Gerade bei komplexen Vorlagen ist das ein anspruchsvolles Unterfangen.

Gleich viel Platz für Bundesrat und Komitees

Ab diesem Herbst wird das Abstimmungsbüchlein etwas verändert daherkommen. Das Layout ist leicht verändert. Und neu werden die Initiativ- und Referendumskomitees für ihre Argumente gleich viel Platz erhalten wie der Bundesrat. Damit setzt der Bund ein Anliegen um, das Kritikerinnen und Kritiker immer wieder vorgebracht hatten. Er tut das auch, damit das Vertrauen in die Abstimmungsinformation erhalten bleibt.

Trotzdem kann es auch in Zukunft Kontroversen um das Abstimmungsbüchlein geben, es können weiterhin Fehler passieren. Denn die Bundeskanzlei muss sich bei der Herausgabe des Abstimmungsbüchleins auch auf die Informationen anderer Amtsstellen stützen. So stammte die falsche Zahl zu den von der Heiratsstrafe betroffenen Paaren von der Steuerverwaltung.

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