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AHV-Finanzierungsprobleme Bundesrat spricht sich gegen höheres Rentenalter aus

  • Der Bundesrat hat die Stossrichtung für die nächste grosse AHV-Reform namens «AHV 2030» diskutiert.
  • Er will die AHV-Einnahmen über die aktuellen Finanzierungsquellen erhöhen und verzichtet vorerst auf eine Erhöhung des Rentenalters oder die Einführung neuer Steuern.
  • Zudem will die Landesregierung, dass auch über 70-jährige Pensionierte arbeiten dürfen.

Die Menschen werden immer älter. Mit der Babyboom-Generation, die bald in Rente geht, werden zudem deutlich mehr Menschen AHV-Gelder beziehen können. Beides führt in den nächsten zehn Jahren zu höheren Ausgaben der AHV. Milliarden kostet auch die bereits beschlossene 13. AHV-Rente, und weitere Ausgaben könnten mit der Abschaffung der AHV-Heiratsstrafe kommen.

Deshalb will der Bundesrat die AHV-Einnahmen über die aktuellen Finanzierungsquellen erhöhen. «Der Bundesrat will die demografische Welle der kommenden Jahre meistern», sagt Gesundheitsministerin Elisabeth Baume-Schneider vor den Medien in Bern. Es sollen Massnahmen ausgearbeitet werden, um den «kritischen Zeitraum» abzudecken, in dem der Druck auf die AHV durch die Babyboomer am grössten ist, heisst es in einer entsprechenden Mitteilung. Funktioniert dies nicht, prüft der Bundesrat einen «Interventions­mechanismus».

Der Bundesrat will aber keine neuen Steuern zur Finanzierung der AHV anwenden. Zur Diskussion standen in der Vergangenheit eine Finanztransaktionssteuer, dass also Steuern erhoben werden, wenn an der Börse Wertpapiere gehandelt werden, und eine Steuer auf Erbschaften.

Wenig Freude bei FDP, Mitte-Links vermisst andere Steuern

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Die vom Bundesrat aufgezeigte Stossrichtung für die neue AHV-Reform stösst bei Wirtschaft und Bürgerlichen auf wenig Anklang. Die Linke und die Gewerkschaften sehen zwar die Rentenalterserhöhung vom Tisch, vermissen aber Vorschläge für neue Finanzierungsquellen. Noch nicht geäussert hat sich die SVP.

  • Aus Sicht der FDP wähle der Bundesrat «den einfachsten und zugleich schädlichsten Weg». Es fehlten ehrliche Antworten auf die demografischen Herausforderungen.
  • Die Mitte-Partei begrüsst die Schritte, fordert aber gegen den Willen des Bundesrates, eine Finanztransaktionssteuer als zusätzliche Finanzquelle zu prüfen.
  • Nicht begeistert ist die SP, eben weil eine Erbschafts- oder Transaktionssteuer nicht geprüft werde, findet aber den Verzicht auf eine Rentenaltererhöhung richtig.
  • Ins gleiche Horn bläst Grünen-Nationalrätin Manuela Weichelt (ZG). Zur punktuellen AHV-Finanzierung gebe es einfache und gerechte Mittel wie höhere Lohnbeiträge und die «längst überfällige Finanztransaktionssteuer».
  • Die GLP begrüsst die eingeschlagene Richtung. Wichtig sei, dass die AHV 2030 enkeltauglich sei.
  • Der Schweizerische Arbeitgeberverband kritisiert die einseitige Erhöhung der Einnahmen. Eine Erhöhung des Rentenalters sei für die Arbeitgeber zwingend. Auch der Schweizerische Gewerbeverband bedauert die fehlende Diskussion darüber.
  • Diese Diskussion ist für den Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB) abgeschlossen. Dem SGB fehlt, dass keine Rentenerhöhungen für Geringverdienende vorgesehen seien. Wie der SGB kritisiert der Arbeitnehmerdachverband Travail Suisse auch die Weiterbeschäftigung im Alter, insbesondere die Aufhebung des Höchstalters von 70 Jahren.

Ohne Gegenmassnahmen drohen der AHV Milliardendefizite: 2030 hätte die AHV gemäss Schätzungen ein Defizit von rund 2.5 Milliarden Franken, und 2040 wären es 5.7 Milliarden Franken. Mit der vom Bundesrat vorgeschlagenen Finanzierung der 13. AHV-Rente betrüge das Defizit 2030 500 Millionen und 2040 4 Milliarden Franken.

Bundesrat will Freibetrag erhöhen

Die Landesregierung möchte ausserdem das Weiterarbeiten nach dem Erreichen des Pensionsalters fördern. Dazu will der Bundesrat das Höchstalter von 70 Jahren aufheben und den Freibetrag erhöhen. Aktuell sind das 16'800 Franken, die erwerbstätige Pensionierte pro Jahr verdienen dürfen, ohne Beiträge an AHV, IV und EO zu zahlen. Die Frühpensionierung soll ebenfalls weniger attraktiv gemacht werden. Heute sind Frühpensionierungen ab 63 Jahren möglich.

Der Bundesrat will die AHV auch an den gesellschaftlichen Wandel anpassen und hat das zuständige Departement beauftragt, geeignete Massnahmen zu prüfen. Im Herbst wird der Bundesrat Leitlinien zur «AHV 2030» vorstellen. Anfang 2026 soll dann eine Vorlage in die Vernehmlassung geschickt werden.

AHV besteht zu 72 Prozent aus Lohnbeiträgen

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Die AHV wird heute zu 72 Prozent aus Lohnbeiträgen finanziert. Dazu kommen Geld aus der Mehrwertsteuer und ein Beitrag des Bundes. Dieser wird aus der Bundeskasse sowie mit Einnahmen aus Tabak- und Alkoholsteuern finanziert. Auch die Einnahmen aus der Spielbankenabgabe gehen an die AHV.

Die Schweizer Stimmbevölkerung hatte im Herbst 2022 knapp Ja gesagt zur letzten grossen AHV-Reform mit der Erhöhung des Frauenrentenalters. Danach stimmten Volk und Stände für die Einführung einer 13. AHV-Rente ab 2026.

Keine Rentenalter-Erhöhung, keine neuen Steuern

Warum der Bundesrat das Rentenalter nicht erhöhen will, begründet er mit dem Nein an der Urne zum höheren Rentenalter im März 2024. Spätere Pensionierungen bräuchten zudem eine lange Übergangszeit mit Kompensationsmassnahmen. Die AHV bekäme deshalb nach Auffassung des Bundesrates nicht schnell genug mehr Geld, um die Pensionierung der Babyboomer aufzufangen.

Mit Blick auf eine nächste AHV-Reform will der Bundesrat allerdings prüfen, unter welchen Voraussetzungen ein höheres Rentenalter in Betracht gezogen werden könnte. Ebenso will er untersuchen, ob eine vom Zivilstand unabhängige Altersvorsorge möglich wäre.

SRF 4 News, 15.05.2025, 13:00 Uhr ; 

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