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Armeebotschaft ans Parlament Kritik an Panzer- und Artilleriebeschaffung der Schweizer Armee

Mehr als eine Milliarde Franken will die Schweizer Armee in Artillerie und Panzer investieren. Der Nationalrat berät in der Sommersession die Beschaffungspläne. Aber Kritiker warnen: Mit kleinen Angriffsdrohnen seien solche Systeme schnell zerstört.

Die Schweizer Armee will wieder fähig sein, einen Angriffskrieg abzuwehren. Ein wichtiger Mosaikstein für die Armee ist die Beschaffung von neuen, weitreichenden Artilleriekanonen. Das sogenannte «Artillery Gun Module» aus Deutschland soll die amerikanischen M-109-Panzerhaubitzen ersetzen, die aus den 1960er-Jahren stammen.

Grünes militärisches gepanzertes Fahrzeug mit Kanone im Gelände.
Legende: Die Armee plant die Beschaffung des neuen Artillerie-Systems «Artillery Gun Module» aus Deutschland. srf

Das neue Artillerie-System, das auf Schweizer Piranha-Radschützenpanzer montiert werden soll, ist mobiler und kann bis zu 50 Kilometer weit schiessen. Der Bundesrat beantragt dem Parlament 850 Millionen Franken, um 32 solche neuen weitreichenden Kanonen zu kaufen.

«Angriff auf Schweiz unrealistisch»

Strategieexperte Mauro Mantovani zweifelt aber ganz grundsätzlich an der Beschaffung. Der ehemalige Forscher der Militärakademie an der ETH Zürich sagt, das Szenario von feindlichen Bodentruppen an der Schweizer Grenze sei unrealistisch.

«Die nachrichtendienstlichen Beurteilungen, die ich kenne, schätzen dieses Risiko als eher noch kleiner ein als vor drei Jahren.» Die russische Armee habe sich sehr stark abgenützt und komme kaum bis an die Schweizer Grenze, so die Beurteilung von Mantovani. 

Während bürgerliche Parlamentsmitglieder im Bundeshaus teilweise viel mehr in Panzer und Artillerie investieren wollen, bezweifeln auch Linke ganz grundsätzlich den Nutzen solcher schweren Waffen.

Ohne Artillerie geht es nicht, sagt die Armee

Für den Einsatz dieser Waffen verantwortlich ist Benedikt Roos, Kommandant der Bodentruppen. Die Schweizer Armee müsse sich auch auf unwahrscheinlichere Szenarien vorbereiten, sagt Roos. Ohne Artillerie könne man keinen Gegner auf Distanz halten.

Divisionär Roos in Tarnuniform steht vor Panzern im Freien.
Legende: Divisionär Benedikt Roos ist Kommandant des Heeres. srf

«Unsere Artillerie ist über 50-jährig. Wir brauchen etwas Neues», warnt Roos. Er vergleicht die Situation mit einem Boxring: «Der Gegner ist doppelt so gross und hat doppelt so lange Arme. Da haben wir keine Chance.»

290 Millionen für Leopard-Panzer

Der Bundesrat beantragt dem Parlament auch 290 Millionen Franken für den Werterhalt der Leopard-Panzer. Im Ukraine-Krieg ist zu beobachten, wie Panzer und gepanzerte Fahrzeuge mit kleinen Drohnen reihenweise zerstört werden. Aus diesem Grund seien Investitionen in Panzer wenig sinnvoll, meint Strategieexperte Mauro Mantovani. «Die Bereitschaftsräume von gepanzerten Fahrzeugen sind zu einer eigentlichen Todeszone geworden.»

«Panzer bald wieder überlegen»

Der Kommandant des Heeres entgegnet: Weltweit seien die Armeen daran, Abwehrmassnahmen gegen Drohnen zu entwickeln. Panzer könnten Drohnen bald wieder überlegen sein, ist Benedikt Roos überzeugt. «Wir werden in den nächsten Wochen erste Tests machen, sodass wir in Zukunft diese Fahrzeuge auch gegen Drohen sehr gut schützen können.»

Braucht die Schweizer Armee neue Artillerie und Investitionen in die Panzer? Oder ist dies trotz veränderter Sicherheitslage in Europa wenig sinnvoll? Der Nationalrat entscheidet voraussichtlich am Donnerstag über die Milliarden-Investition.

Tagesschau, 1.6.2025, 19:30 Uhr; sche

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