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Aushängeschilder auf den Seen Sind die Kolosse kostendeckend?

Auf dem Thunersee fährt ein weiteres Dampfschiff. Keine Selbstverständlichkeit: Denn dieses ist sehr teuer im Unterhalt.

Aufgebockt steht das Dampfschiff «Spiezerli» zuerst noch an Land. Ein Pneukran hebt schliesslich das über 50 Tonnen schwere Schiff an – und platziert es ganz sanft im Thunersee.

«Das ‹Spiezerli› ist das letzte Schraubendampfschiff der Schweiz. Es ist 1901 in Betrieb gekommen», sagt David-André Beeler, Präsident der Dampferfreunde Thuner- und Brienzersee. Er erklärt weiter: «Es unterscheidet sich von den Raddampfern, dass eben nicht auf der Seite die grossen Räder dazu gehören, sondern hier ist es eine Schraube, die hinten ist.»

Das sind unsere Aushängeschilder – unsere Bijous. Viele Touristen aus dem In- und Ausland kommen wegen den Dampfschiffen auf den Thuner- und Brienzersee.
Autor: Claude Merlach Leiter BLS Schifffahrt
Das «Spiezerli» bei der Einwasserung.
Legende: Das «Spiezerli» ist das letzte Schraubendampfschiff der Schweiz. Im Bild: Das Schiff bei der Einwasserung. SRF/Matthias Heim

Der Verein von Beeler hat bereits einen Grossteil der knapp fünf Millionen Franken gesammelt, die nötig sind, um das Schiff wieder fahrtüchtig zu machen. Das «Spiezerli» wird künftig für das Berner Verkehrsunternehmen BLS fahren.

Touristenattraktionen auf dem Thunersee

Die BLS hat mit dem «Lötschberg» und der «Blüemlisalp» bereits zwei grosse Dampfschiffe in Betrieb. Beides seien Touristenattraktionen, sagt Claude Merlach, Leiter der BLS Schifffahrt. «Das sind unsere Aushängeschilder – unsere Bijous. Viele Touristen aus dem In- und Ausland kommen wegen den Dampfschiffen auf den Thuner- und Brienzersee», sagt er. Auch bei anderen Schifffahrtsgesellschaften in der Schweiz klingt es ähnlich.

Hier ist die Frage natürlich schon: Sind die Erträge genug hoch, um die Kosten zu decken?
Autor: Stefan Schulthess Direktor Verband Schweizerischer Schifffahrtsunternehmen

Dass heute überhaupt wieder Dampfschiffe auf Schweizer Seen verkehren, geht vielfach auf private Initiativen zurück – so auch beim «Spiezerli». Denn: Dampfschiffe sind teuer. Der laufende Unterhalt, Treibstoff und die Besatzung kosten im Vergleich zu einem modernen Motorschiff mindestens das Doppelte. Ein Hauptgrund, weshalb die Kolosse Mitte des 20. Jahrhunderts aus dem Verkehr gezogen wurden.

Dampfschiff angedockt am Ufer
Legende: Renoviert auf dem Brienzersee im Einsatz: Die «Lötschberg» der BLS. Keystone

Trotz privater Initiative: Die Schifffahrtsgesellschaften müssen noch immer abwägen, ob sich der Einsatz dieser Schiffe lohnt oder nicht, sagt Stefan Schulthess, Direktor des Verbandes Schweizerischer Schifffahrtsunternehmen. «Hier ist die Frage natürlich schon: Sind die Erträge genug hoch, um die Kosten zu decken?», sagt Schulthess.

Verärgerte Dampfschiff-Fans

«Wenn das eine Schiff deutlich teurer ist als ein anderes – dann ist es nicht so schwierig, dass man sich schliesslich diese Frage stellen muss und sich im einen oder anderen Fall eben vielleicht für ein Motorschiff entscheidet», sagt Schulthess.

Bei den Dampfschiff-Anhängern und ihren Geldgebern sorgt das mitunter für Ärger, wenn ihr restauriertes Schiff nicht so häufig wie gewünscht fährt. Deshalb waren die Fronten zwischen den privaten Initianten und den Schifffahrtsgesellschaften lange verhärtet.

«Das war eine Kampfsituation»

Heute sei die Zusammenarbeit allerdings ganz anders, sagt Beeler. Sie sei «völlig anders» als vor 20 Jahren. «Das war eine Kampfsituation.» Heute sei es ein Zusammenspiel mit unterschiedlichen Rollen. «Wir versuchen die Emotionen durchaus zu bewirtschaften und damit auch Geld zu generieren. Für die Schifffahrt ist es eine Möglichkeit, auch im Marketing diese Faszination zu nutzen» sagt er.

Genau diese Rolle kommt neu auch dem «Spiezerli» – als Rundfahrten- und Charterschiff.

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