Das Bundesgericht konkretisiert weiter, welche Indizien bei einem Projekt zum Bau von Erstwohnungen dafür sprechen können, dass die Bauherrschaft auf eine spätere Nutzung als Zweitwohnungen setzt.
Bei einem Bauvorhaben in Saanen im Kanton Bern kommt das Gericht zum Schluss, dass ein Rechtsmissbrauch vorliegt. Es weist deshalb das von der Gemeinde bewilligte Baugesuch ab.
«Nutzung als Erstwohnung»
Saanen hatte 2012 ein Projekt bewilligt, das den Bau von drei Häusern mit insgesamt zwölf 3- und 4-Zimmerwohnungen im luxuriösen Segment vorsah. 2014 hiess die Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern (BVE) eine Beschwerde gut. Sie wies die Sache zurück an die Gemeinde.
Die Bauherrschaft änderte daraufhin ihr Projekt auf «Nutzung als Erstwohnung». Deshalb erhielt sie die Baubewilligung 2016 unter der Auflage eines im Grundbuch einzutragenden Verbots der Zweckentfremdung als Zweitwohnungen. Eine Beschwerde wurde vom BVE und vom Berner Verwaltungsgericht abgewiesen.
Rechtsmissbrauch liege vor
Nun hat das Bundesgericht entschieden und die Beschwerde gutgeheissen: Das Baugesuch wird abgelehnt. Das Gericht habe geprüft, ob konkrete Indizien vorliegen, welche die Möglichkeit einer Nutzung als Erstwohnungen unrealistisch erscheinen lassen. In früheren Urteilen hat das Bundesgericht bereits verschiedene Indizien genannt, die bei der Prüfung zu berücksichtigen sind.
Im konkreten Fall im Saanen kommt es zum Schluss, dass ein Rechtsmissbrauch vorliegt. Denn: Obwohl die hier streitigen Wohnungen ursprünglich als Zweitwohnungen konzipiert wurden, blieben die Baupläne danach unverändert. Sie entsprechen vom Zuschnitt und der Infrastruktur her Ferienwohnungen des gehobenen Standards.
Vorhaben sei «unrealistisch»
Weitere Indizien sind für das Bundesgericht, dass die Wohnungen, aufgrund des voraussichtlichen Preises, nur für wohlhabende Personen in Betracht kommen. Dabei sind sie für Erstwohnungen im gehobenen Segment klein dimensioniert (3-Zimmer-Wohnungen mit rund 70 m2).
Das Vorhaben, die 12 Wohnungen als neue Erstwohnungen des gehobenen Segments zu vermarkten, erschien dem Bundesgericht unter anderem aus den genannten Gründen unrealistisch. Seit 2012 ist es der Bauherrschaft denn auch nicht gelungen, auch nur eine Wohnung ab Plan an Ortsansässige zu verkaufen.